Verschuldung könnte dieses Jahr auf 75 Prozent des BIP steigen
Die Staatsverschuldung in Deutschland, aber auch in anderen Ländern weltweit, nimmt rasant Fahrt auf. Wie das Statistische Bundesamt aktuell mitgeteilt hat, sind die öffentlichen Schulden in Deutschland im Jahr 2020 um stolze 14,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die Gesamtverschuldung lag per Ende 2020 bei knapp 2,2 Billionen Euro. Auch in diesem Jahr nimmt die Entwicklung rasant zu, erst vor wenigen Tagen wurde ein Nachtragshaushalt vom Bundeskabinett beschlossen. Laut Bundesregierung müssen in diesem Jahr Kredite in Höhe von 240 Milliarden Euro aufgenommen werden – 60 Milliarden Euro mehr als geplant. Die Verschuldung könnte dadurch bis Ende des Jahres 2021 bei rund 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) angekommen sein. „Die Märkte sind aktuell wenig beeindruckt von der erhöhten Verschuldung. Die umfassenden Anleihenaufkäufe durch die Notenbanken erweisen sich nach wie vor als Stabilitätsfaktor. Doch wo ein Schuldner ist, gibt es auch einen Gläubiger. Man sollte die Auswirkungen der steigenden Verschuldung nicht außer Acht lassen, auch wenn diese erst einige Zeit später spürbar sein könnten“, sagt Lutz Neumann, Leiter Vermögensverwaltung der Hamburger Sutor Bank.
Inflation: Möglichkeit, Schulden „wegzufinflationieren“ – bis zur Zinserhöhung
Mit Blick auf die Auswirkungen auf die Märkte ist nach Ansicht von Lutz Neumann wichtig, welche Möglichkeiten genutzt werden können, um die Verschuldung abzubauen. „Es gibt zwei Möglichkeiten – eine Schuldenregulierung über Inflation oder über Steuern“, sagt Neumann.
Beim Thema Inflation könne man sich das Bild einer Wippe vorstellen: eine Seite Geldmenge, eine Seite Warenmenge. „Die starken Anleihenaufkäufe durch die Notenbanken sorgen dafür, dass die Wippe immer stärker hin zur Geldmenge kippt. Die Konsequenz sind steigende Preise“, erklärt Neumann. Auf diese Weise könne der Staat seine Schulden „weginflationieren“ – denn so könnten aus 100 Euro Schulden heute nur noch 80 Euro zu einem späteren Zeitpunkt werden.
Allerdings dürften bei sehr starker Inflation wiederum die Notenbanken auf den Plan treten, um dieser mithilfe von Zinserhöhungen entgegen zu wirken. Und dann könnte es schnell heikel werden: „Jegliche Zinserhöhung bedeutet eine deutlich höhere Zinsbelastung für den Staat als Schuldner. Auch Unternehmen wären dadurch stärker betroffen, was wiederum Unternehmensgewinne schmälern könnte“, erklärt der Experte.
Steuern: Auswirkungen auf Unternehmensgewinne möglich
Die andere Variante ist das Anheben von Steuern. Auch wenn die Regierung momentan alles dafür tue, um Privathaushalte und auch Unternehmen im Zuge der Corona-Folgen zu entlasten, sei eine Steuererhöhung nicht ausgeschlossen. Je nachdem, wie die Bundestagswahl in diesem Jahr ausfällt, könnten Steuererhöhungen zu einem Thema werden, etwa in Form einer Vermögenssteuer. Wahrscheinlicher wäre allerdings eine stärkere Besteuerung von Unternehmen. Dies könnte ebenfalls Unternehmensgewinne schmälern und dadurch Kurse belasten.
„Der Staat wird sich das geliehene Geld in irgendeiner Weise wieder holen müssen. Die Frage ist nur wie und wann“, stellt Lutz Neumann fest. Besser für die Märkte wäre es, wenn dies nicht durch massive und abrupte Eingriffe geschehe, sondern maßvoll und in kleinen Dosen.
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