Kommentar von Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG
Die letzten 14 Tage waren die Wochen der Notenbanken von New York bis nach Tokio. Die entscheidenden Fragen, welche Marktteilnehmer rund um den Globus in Atem halten, lauten: Wie sehr werden die Kapitalmärkte weiterhin mit Liquidität versorgt?
Und zu welchen Konditionen? Entsprechend stark beachtet werden derzeit die Verlautbarungen der Notenbanken, wie sie die weitere Entwicklung der Inflation einschätzen, und wie sie mit dem Renditeanstieg an den Anleihemärkten umgehen wollen. Und da gibt es durchaus Unterschiede: Die EZB hat angekündigt, das Tempo ihrer Anleihekäufe im zweiten Quartal deutlich zu erhöhen und damit bereits kurzfristig massiv gegensteuern zu wollen. Die US-amerikanische Federal Reserve hingegen lässt den aktuell zu beobachtenden Renditeanstieg durchaus erst einmal zu und sieht noch keinen Grund zum Eingreifen. Diese Position ist durchaus nachvollziehbar, spiegelt diese Renditeentwicklung doch durchaus ein Stück Normalisierung zurück auf das Vor-Corona-Niveau wider.
Bei zwei Prozent Renditeanstieg ist Schluss
Dabei wird es dann aber auch bleiben! So mühelos die Rendite für die zehnjährigen US-Treasuries auch die Marke von 1,5 Prozent überwunden hat, so klar ist zugleich zu erwarten, dass die Fed bei der Annäherung an die Marke von zwei Prozent dann doch entschieden gegensteuern wird.
Darauf müssen sich die Märkte allerdings auch verlassen können. Wie sehr gerade die Aktienmärkte nach wie vor regelrecht am Tropf einer expansiven Geldpolitik hängen, zeigen die heftigen Reaktionen auf verschiedene Ankündigungen und Signale der japanischen beziehungsweise der chinesischen Notenbank, künftig zurückhaltender Liquidität in die Märkte einzusteuern als bisher. So modifiziert die japanische Zentralbank ihr Aktienkaufprogramm und geht künftig selektiver vor. Der Nikkei 225 verlor daraufhin deutlich. Ähnliches war beim chinesischen Leitindex CSI 300 zu beobachten, nachdem die Notenbank der Volksrepublik eine künftig etwas zurückhaltendere Geldpolitik hatte durchblicken lassen. Seit seinem Allzeithoch Mitte Februar hat der CSI 300 rund 15 Prozent wieder abgegeben.
Kein Ende der expansiven Geldpolitik in Sicht
Angesichts dieser sensiblen Reaktionen nervöser Kapitalmärkte tun die Notenbanken also gut daran, verlässliche Signale auszusenden. Ihre Geldpolitik wird noch für längere Zeit ausgesprochen expansiv bleiben. In jedem Fall werden die Märkte weiterhin volatil bleiben. Mehr denn je empfiehlt es sich für Anleger, ihre Portfoliostruktur diversifiziert auszurichten, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Auf dieser Grundlage lassen sich dann je nach Risikoprofil antizyklisch in Schwächephasen Zukäufe realisieren. Denn die Wochen der Notenbanken sind noch lange nicht vorbei.
Verantwortlich für den Inhalt:
St.Galler Kantonalbank Deutschland AG, Prannerstraße 11, 80333 München, Tel: +49 (0)89 125 01 83-0, www.sgkb.de