Die jährlichen Infobriefe, die deutsche Lebensversicherer verschicken, vermitteln mittlerweile mehrheitlich einen guten Eindruck vom Wert des Vertrages. Die gesetzlichen Vorgaben sind damit weitgehend erfüllt.

 

Bei der Verständlichkeit hinkt die Entwicklung aber weiter hinterher. Vorsorgesparer können so nicht immer beurteilen, ob ihr Geld dauerhaft gut und sicher angelegt ist. Das zeigt die dritte Auflage der großen systematischen Transparenzstudie von Policen Direkt. Mittlerweile setzen deutsche Versicherungsgesellschaften mit ihren Standmitteilungen die gesetzlichen Vorgaben von 2018 um und liefern die vorgeschriebenen Informationen. Einige Versicherer kommen ihrer Pflicht hier mindestens erklärungsbedürftig nach und einzelne versenden fast drei Jahre nach der Neufassung des §155 VVG für Bestandskunden immer noch keine überarbeitete Kunden-Information. “Wieder teilen mehr Versicherer mehr mit als im Vergleich zum Vorjahr, die Pflicht ist damit weitgehend erfüllt“, erklärt Henning Kühl, Leitender Aktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV). „Vollständigkeit der Werte bedeutet allerdings nicht Verständlichkeit. Sehr oft fehlen weitere Angaben, um die Vertragsentwicklung auch nachvollziehen zu können.” Gerade bei den Bewertungsreserven, im Vertrag enthaltenen Zusatzversicherungen oder Anwartschaften liegt die Darstellung weiter im Ermessen des Versicherers und ist oft nicht ausreichend erklärt. Dabei haben diese Komponenten einen großen Einfluss auf den Vertragswert.

Unternehmensangaben zur Verbesserung der Transparenz

Wie wichtig hier aber Transparenz ist, zeigt sich aktuell: Verbraucher sind darauf angewiesen, fundierte Entscheidungen zu ihren Verträgen treffen zu können. COVID-19 und die Folgen führen zu erhöhtem Liquiditätsbedarf: „Nur wer weiß, was sein Vertrag heute wert ist und was er jetzt damit erzielen kann, ist sich der finanziellen Tragweite der Entscheidung zu seiner Lebensversicherung bewusst“, sagt Kühl weiter. „Vor einem kompletten Ausstieg aus der privaten Altersvorsorge können so fundiert mögliche Alternativen wie Beitragsstundungen oder Policendarlehen geprüft werden.“ Besonders transparente Gesellschaften weisen auch auf Alternativen zur Kündigung hin. Wenn ein Versicherer umfassende Vertrags- und Unternehmensinformationen zugänglich macht, begegnet er möglichen Vorurteilen und kann die Qualität seines Angebots herausstellen. Die Standmitteilungen bieten hierfür einen optimalen Kontaktpunkt. Wenige Gesellschaften nutzen diese Gelegenheit für einen Hinweis auf ihr COVID-19-Serviceangebot. Immer mehr aber informieren in immer größerem Umfang auch zur Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage.

Die Ergebnisse in der Übersicht

  • 66 von 74 (2020: 66 von 76) untersuchte Unternehmen erfüllen die seit 2018 geltenden gesetzlichen Mindestanforderungen für alle untersuchten Verträge vollständig.
  • 49 (34) erfüllen dazu sämtliche BaFin-Anforderungen zu den Bewertungsreserven.
  • 17 (9) Lebensversicherer teilen ihren Kunden diese Pflichtangaben und sämtliche notwendigen Angaben mit.
  • 10 Versicherer informieren zur Nachhaltigkeit bei den Kapitalanlagen.

Auch in diesem Jahr hat Policen Direkt untersucht, ob gesetzeskonform mit den Standmitteilungen auch über die Beteiligung an den Ertragsquellen informiert wird, „immerhin lässt sich mit diesen Zahlen illustrieren, wie ein Unternehmen aktuell angesichts der Garantielast seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommt“, sagt Kühl. 70 von 74 (2020: 64 von 76) Unternehmen kommen dieser Pflicht ordnungsgemäß nach. Bei diesen Versicherern sind diese Angaben direkt zu finden. Bei 4 Gesellschaften sind die Hinweise wenig oder überhaupt nicht hilfreich. Laut Mindestzuführungsverordnung (MindZV) §15 sind die Kunden auf diese Veröffentlichung unter Angabe der elektronischen Fundstelle hinzuweisen. Einige Gesellschaften weisen im Zuge dieser Hinweispflicht zudem darauf hin, wo ihre CSR-, Solvenz- und Geschäftsberichte zu finden sind. „Offenbar werden diese wichtigen Informationen von Kunden aber nur in geringem Maße direkt abgerufen“, stellt Kühl fest. „Dass nicht funktionierende Verlinkungen zu den Ertragsquellen erst bei Studienerstellung erkannt werden, spricht nicht für großes Interesse. Von uns darauf hingewiesene Versicherer haben nämlich umgehend die Fehler korrigiert.“

Hohe Punktzahl keine Garantie für Verständlichkeit

Generell zeigte sich 2020: „Auch wenn eine hohe Punktzahl noch keine Garantie für eine verständliche Standmitteilung ist: Je einfacher und einheitlicher die Darstellung, desto besser ist auch der Informationsgehalt.“ Einige beschränken sich dann aber auf die Pflichtangaben, weshalb diese Versicherer keine Bonuspunkte erhalten. Andere haben teils aufwändige und umfangreiche Infobriefe gestaltet, die allerdings nicht immer einen Mehrwert für den Kunden bringen. Kühl: „Die Entwicklungen gehen hier mitunter auseinander. insofern ist in der Versichererlandschaft noch keine klare Linie erkennbar. Dabei lässt sich mit tabellarischer Darstellung sehr leicht gute Verständlichkeit erreichen.“ Im Punktesystem gibt es für eine Standmitteilung 87 Punkte für den Fall, dass alle gesetzlichen und notwendigen Informationen enthalten sind. Dass weitere Gesellschaften die Punktzahl erreichen, liegt daran, dass auch Punkte für Bonus-Angaben vergeben werden. Das sind Angaben wie Vertragskosten, Höhe der Überschussbeteiligung oder Ablaufleistungen zu verschiedenen Abrufterminen. Insgesamt kommen so 36 (2020: 34) Gesellschaften auf 87 Punkte. Der Durchschnitt beträgt 85 Punkte.

Erläuterungen zur Studie

Mit der dritten Auflage der Transparenzstudie nimmt Policen Direkt als größter institutioneller Versicherungsnehmer jetzt erneut in den Blick, ob alle Lebensversicherer die gesetzlichen Pflichten erfüllen. Untersucht wurde über die Pflichtangaben des § 155 VVG hinaus, ob Lebensversicherer Ihren Kunden weitere durch die BaFin vorgeschriebene Informationen zu den Bewertungsreserven mitteilen. Weitere Grundvoraussetzungen dafür, die Kunden in die Lage versetzen, dass sie die Entwicklung ihres Vertrags verstehen, gehen damit in die Bewertung ein.

Die Transparenzstudie zu den Standmitteilungen umfasst vier Bereiche:

  1. Im ersten Bereich geht es um die gesetzlichen Mindestanforderungen an die jährliche Information der Versicherer laut §155 VVG. Es geht hier um den aktuellen Rückkaufswert, um die garantierte Ablaufleistung und die bei Beitragsfreistellung sowie die Leistung im Todesfall. An dieser Stelle bewertet Policen Direkt auch, inwieweit die Vorgaben der BaFin zu den Bewertungsreserven erfüllt sind und ob korrekt auf Angaben nach MindZV hingewiesen wird.
  2. Der zweite Bereich zeigt, inwieweit Versicherer wichtige optionale Informationen in den Infobriefen machen.
  3. Im dritten Bereich untersucht Policen Direkt weitere sinnvolle Bonus-Angaben.
  4. Der vierte Untersuchungsbereich, der nicht in die Gesamtpunktzahl eingeht, widmet sich der Verständlichkeit der Standmitteilung. Hier geht es um Umfang, Textqualität, um verständliche Vertragswerte und darum, ob der Versicherer einzelne Begriffe gesondert erklärt.

Die Studie nimmt klassische kapitalbildende Lebensversicherungen in den Blick und ist deshalb vor allen Dingen eine Transparenzuntersuchung für Bestandskunden. Sie wird laufend aktualisiert. Das heißt, Versicherer, die gesetzeskonforme Standmitteilungen nachreichen, finden Eingang in die Studie unter Zur Studie “Standmitteilungen”. Policen Direkt verwaltet rund 12.000 Lebensversicherungsverträge im Wert von knapp 1 Mrd. Euro. Auch für den nachhaltig erfolgreichen Ankauf von Lebensversicherungen sind die Transparenzdaten deutscher Lebensversicherer extrem wichtig. Neben individueller Vertragsdaten geht es auch um die langfristige Sicherheit der Unternehmen. Da nicht alle Gesellschaften Ratings veröffentlichen, greift das Unternehmen auf frei zugängliche Quellen zurück und teilt die Analysen zu den Standmitteilungen, zur laufenden Verzinsung, zur Mindestzuführungsverordnung und zu den Solvenzquoten mit der Öffentlichkeit. „Wir betreiben damit Verbraucherschutz aus Geschäftsinteresse“, erklärt Kühl.

 

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