Anstieg oder Absenkung: Eindeutiger Trend noch nicht erkennbar
Dass die Corona-Pandemie wirtschaftliche Auswirkungen hat, ist unbestreitbar. Wie diese genau aussehen, ist allerdings oft schwer einzuschätzen. Diese Unsicherheit trifft auch Unternehmen mit Pensionsrückstellungen und den damit verbundenen Verpflichtungen – etwa den Rentenanpassungen gemäß dem Betriebsrentengesetz. Michael Hoppstädter, Geschäftsführer der Longial, zeigt auf, welche Entwicklung möglich ist.
Verpflichtung zur Rentenanpassung
Ein Arbeitgeber mit unmittelbaren Versorgungsleistungen (Direktzusage oder Unterstützungskasse) ist verpflichtet, alle drei Jahre seine laufenden Betriebsrenten anzupassen. Gemäß § 16 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) muss er dabei seine wirtschaftliche Lage gegen die Interessen seiner Betriebsrentner abwägen. Die Anpassungsprüfung erfolgt meist nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG. „Das heißt, der Arbeitgeber gewährt einen Inflationsausgleich, meist auf Basis der Entwicklung des Verbraucherpreisindex“, erläutert Michael Hoppstädter. Alternativ ist die Anpassung in Höhe des Nettolohnanstiegs vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum (§ 16 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2) möglich. Die Verpflichtung zur Rentenanpassung ist in den Pensionsrückstellungen nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) und den International Financial Reporting Standards (IFRS) mit eingepreist. Typischerweise wird die Rückstellung mit einer Annahme für die künftige Rentenanpassung zwischen 1,50 bis 2,00 Prozent jährlich berechnet.
Rentenanpassung 2021 unter 1,00 Prozent möglich
Corona führte – zumindest kurzfristig – zu rückläufigen Preisen. Das bestätigt ein Blick auf den Verbraucherpreisindex: Seit Juli 2020 ist er im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Einer der Hauptgründe hierfür ist die temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer von Juli bis inklusive Dezember 2020. Doch auch ohne diesen Sondereffekt steigen die Preise in Deutschland derzeit allenfalls moderat – zumindest bislang. „Daher könnte die Rentenanpassung nach Verbraucherpreisindex in 2021 niedriger ausfallen als in den Rückstellungen bislang einkalkuliert“, prognostiziert der Longial Geschäftsführer und erläutert: „Der Aktuar spricht in solchen Fällen von versicherungsmathematischen Gewinnen, die die Kosten der Altersversorgung mindern. Sollte sich der Trend tatsächlich fortsetzen, dann kann die Rentenanpassung 2021 nach unserer Einschätzung bei weniger als 1,00 Prozent liegen.“ Bei einem Unternehmen mit Pensionsrückstellungen in Höhe von 5 Mio. Euro kann das einen Gewinn von geschätzt 0,75 Prozent der Rückstellungen für laufende Renten und damit rund 15.000 Euro bedeuten.
Warnung vor steigenden Preisen
Doch dieser Annahme steht entgegen, dass aktuell vermehrt von steigenden Preisen berichtet wird. Nicht zuletzt die wieder auf 19 Prozent zurückgesetzte Mehrwertsteuer führt zu Preissteigerungen, auch die zum 1. Januar in Kraft getretene CO2-Steuer trägt dazu bei. Zudem gehen zahlreiche Experten für 2021 von einer deutlichen Inflation aus – von bis zu 3,00 Prozent ist die Rede. Gleichzeitig sehen viele dies nur als eine kurzfristige Entwicklung an. Außerdem sollten die Preissteigerungen nur dann einen nachhaltigen Effekt auf die Inflationsrate haben, wenn parallel die Löhne und Gehälter entsprechend ansteigen. „Ob jedoch in den von der Pandemie teilweise schwer getroffenen großen Teilen der Wirtschaft signifikante Lohn- und Gehaltssteigerungen Wirklichkeit werden, ist zumindest fraglich“, so der Longial Geschäftsführer.
Empfehlung für Arbeitgeber
Unternehmen, die ihre Pensionsrückstellungen mit einem besonders hohen langfristigen Rententrend von 2,00 Prozent jährlich oder höher bewerten, sollten zusammen mit ihrem Aktuar und Wirtschaftsprüfer besprechen, ob diese Annahme noch angemessen ist. Zumindest für 2020 und eventuell auch für 2021 kann eine Reduzierung des Rententrends begründet werden. „Diese Reduzierung kann zu deutlichen Entlastungen beim Pensionsaufwand führen. Das wirkt den Effekten aus dem auch in 2021 weiter sinkenden HGB-Rechnungszins, der für die Berechnung der Rückstellungen nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches zu verwenden ist, entgegen“, so Hoppstädter. „Für die mittelfristige Entwicklung der Inflationsrate bleibt abzuwarten, was sich am Ende durchsetzen wird: Preissteigerungen auf der einen oder Kostendruck wegen schwächerer Wirtschaft auf der anderen Seite.“
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