Market Outlook 2021: Erholung und Verzweiflung
- Im Jahr 2021 werden wir die ‚Reparatur‘ von tiefgreifenden Covid-19-Schäden erleben. Die Wirtschaft dürfte sich stark erholen, wenn die Gesellschaft im Sommer allmählich zur Normalität zurückfindet.
- Aber es gibt auch vieles, woran man verzweifeln kann. Das potenzielle Wachstum wird nach dieser Krise geringer ausfallen. Der Arbeitsmarkt wird sich nur langsam erholen, während sich Covid-Ungleichheiten verschärfen. Anleger werden den Rückgang zukünftiger Investitionserträge beklagen.
- Die nachlassende politische Unsicherheit hat die Risikoprämien zum Jahreswechsel gedrückt. Dieser Prozess wird anhalten, zumal die Anleger mit einer neuen Gewissheit konfrontiert werden: In Zukunft werden die Renditen für festverzinsliche Wertpapiere mager sein. Dies dürfte die Bereitschaft stärken, in riskantere Anlagen zu investieren.
- Die revidierte Strategie der Zentralbank schafft ein neues Anlageparadigma: niedrigere Zinsvolatilität, erhöhte Bewertungen vieler Anlageklassen, häufigere Korrekturen und geringere Diversifikationsvorteile. Mehr denn je kommt es auf Absicherungsstrategien an.
- Wir beginnen das Jahr mit einer Übergewichtung von Aktien und einer Präferenz für zyklische und wertorientierte Aktien. Der Dollar wird weiter an Wert verlieren, wenn auch weniger schnell. Währungen und Aktien aus Schwellenländern bieten gutes Aufwertungspotenzial. Unternehmensanleihen bleiben attraktiv, wenn auch weniger als 2020. Das Jahr 2021 wird dennoch nicht einfach; eine hohe Angleichung des Marktkonsens könnte einen extremen Aufbau von Marktpositionen ins Frühjahr nach sich ziehen. Nutzen Sie das erste Quartal für den Aufbau von Absicherungsstrategien.
Von Vincent Chaigneau, Head of Research, Generali Insurance Asset Management
„Jeder hat einen Plan: Bis er einen Schlag ins Gesicht bekommt.“ Diese Warnung von Mike Tyson galt sicher auch für Anlagen im Jahr 2020. Unser Ausblick für das Jahr 2020 „Die Schönheit der Symmetrie“ hat die Pandemie natürlich nicht vorhergesagt, aber der Titel selbst war eine Skizzierung der Schlüsselrolle, die die Zentralbanken spielen sollten. Die Gesellschaft wurde von einem unglaublichen exogenen Schock getroffen: Der Rückgang des BIP in den Industrieländern war zwei- bis dreimal so groß wie bei der Großen Finanzkrise (Great Financial Crisis = GFC). In diesem Zusammenhang hätten zu Frühlingsbeginn nicht viele prognostiziert, dass die meisten Risikoanlagen das Jahr sehr komfortabel im grünen Bereich beenden würden (S&P 500: +14% bei Redaktionsschluss). Jetzt ist es an der Zeit, den Schaden zu reparieren … und zu verzweifeln.
ES DREHT SICH ALLES UM ANLEIHERENDITEN … UND DIE POSITIONIERUNG DER ANLEGER
Könnten die Anleiherenditen steigen und das gesamte Investitionsparadigma durcheinanderbringen? Die Anleiherenditen sind hinter anderen zyklischen Messgrößen zurückgeblieben. Das hat einen guten Grund: die Ankerwirkung der Zentralbanken. Wir sehen Raum für einen begrenzten Anstieg der Renditen im nächsten Jahr, und zwar vor allem in den USA, wo die Inflation wesentlich höher ist als im Euroraum. Die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen (Treasuries) werden das Jahr aber wahrscheinlich immer noch unter 1,25% beenden. Achten Sie auf das Aufwärtsrisiko bei den Renditen, falls die Demokraten bei den Stichwahlen in Georgia die Oberhand gewinnen – dies würde eine mutigere finanzpolitische Expansion und infolgedessen eine weniger proaktive US-Zentralbank implizieren. Die Renditen werden mager sein, und wir behalten eine Untergewichtung (UW) bei diesen Staatsanleihen (Govies) bei. Wir sehen weiteren Spielraum für eine steilere Zinskurve, insbesondere in den 10 – 30-jährigen Anlagesektoren. Zu beachten ist, dass die Märkte für Nicht-EUR-Staatsanleihen sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern einen Renditeaufschlag bieten, selbst auf FX-gesicherter Basis. Wir sehen dort gute Diversifizierungsmöglichkeiten, und zwar vor allem für „Buy-and-Hold“-Versicherungsportfolios (USA, Japan, Australien, ausgewählte Schwellenmärkte).
Wir bleiben bei unserer Übergewichtung von Unternehmensanleihen, aber in geringerem Umfang, da in diesem Segment deutlich weniger weiteres Potenzial vorhanden ist. Die Zinsaufschläge für Papiere mit „Investment Grade“ sind auf das Vorkrisenniveau zurückgekehrt und dürften sich nun den Tiefstständen von 2018 nähern. Wir bewegen uns auf der Rating-Skala abwärts, bis hin zu BBs, und bevorzugen nach wie vor Hybride und AT1 aufgrund der noch relativ attraktiven laufenden Verzinsung und begrenzter Risiken. Die Ausfälle bei Hochzinsanleihen werden zunehmen, aber auf einem viel niedrigeren Niveau bleiben als nach der Großen Finanzkrise (5-6% in Europa gegenüber 8-9%).
Wir beginnen das Jahr mit einer Übergewichtung von Aktien und tendieren dabei zu zyklischen und wertorientierten Aktien. Für eine Aufholbewegung sehen wir viel Spielraum bei Währungen und Aktien der Schwellenländer. Der antizyklische US-Dollar wird weiter abwärts tendieren, aber der Rückgang wird sich verlangsamen, da die Erholung weniger China-zentriert wird.
2021 wird dennoch kein einfaches Jahr sein. Zu den Risiken gehören Enttäuschungen im Hinblick auf den Impfstoff (Virusmutation, Nebenwirkungen), eine starke Verschärfung der Tech-Regulierung, ein harter Brexit oder eine wieder aufflammende Feindseligkeit zwischen den USA und China. Das größte Risiko könnte die Positionierung sein. Wir sehen Anzeichen für Überschwang, z. B. im Put/Call-Verhältnis oder bei spekulativen Rekordpositionen in Kupfer. Dennoch sind die Positionen nicht so angespannt wie vor dem Flash-Crash von 2018; die systematischen Handelsansätze scheinen weniger gehebelt und optimistisch zu sein. Dennoch werden wir die Positionierung und die Stimmung genau im Auge behalten: Die taktische Asset-Allokation wird von großer Bedeutung sein.
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