Preisentwicklung zwischen Core und Non-Core geht weiter auseinander und wird für hohe Zahl an Käufern und Verkäufern sorgen

 

Im vergangenen Jahr wechselten in Deutschland Gewerbeimmobilien für nahezu 59 Mrd. Euro den Eigentümer. Gegenüber dem Rekordvolumen des Vorjahres bedeutet dies einen Rückgang um 20 %. Im Vergleich zum Fünf-Jahres-Mittel betrug das Minus jedoch lediglich 6 %, was vor dem Hintergrund des Auftretens der Pandemie bemerkenswert erscheint. Im zweiten und dritten Quartal waren die Transaktionsvolumina mit etwa 10 bzw. 12 Mrd. Euro so gering wie zuletzt im Jahr 2016. Das Schlussquartal wies mit rund 16,6 Mrd. Euro zwar wieder ein höheres Volumen auf, die Jahresendrallye fiel damit aber deutlich schwächer aus als im Vorjahr. So hatte das Schlussquartal im letzten Jahr einen Anteil von 28 % am Gesamtjahresvolumen – 2019 lag der Anteil noch bei 39 %. „Die anfängliche Schockstarre am Immobilienmarkt ist mittlerweile überwunden und die Investoren setzen ihre, oftmals angepassten, Anlagestrategien um“, so Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe, und ergänzt: „Noch stärker als vor Beginn der Pandemie kommt der Stabilität der Mieteinnahmen eine entscheidende Rolle zu. Die höhere Risikoaversion der Investoren trifft dabei auf steigende Risiken an den Nutzermärkten. Die Zahl der Immobilien, die in den Augen der Investoren einen Core-Status haben, nimmt daher ab. Das Anlageuniversum für risikoaverse Investoren ist somit zumindest temporär geschrumpft und der Bieterwettstreit in dieser Risikoklasse wird sich intensivieren.“

Renditen entwickeln sich auseinander

Ein großer Teil der Nachfrage konzentriert sich folglich auf jene Immobilien, die auch während der Krise stabile Cashflows liefern und diese auch für die Zeit nach der Pandemie versprechen. Dazu zählen Logistikimmobilien, Immobilien des Lebensmitteleinzelhandels, Büros, wenn sie lange Mietverträge mit der öffentlichen Hand oder anderen bonitätsstarken Nutzern aufweisen, sowie Nischen wie etwa Rechenzentren. Im Jahresverlauf sind die Renditen in den genannten Segmenten weiter gefallen. So lag die Spitzenrendite für Logistikimmobilien zum Ende des Jahres bei 3,5 % und damit um 20 Basispunkte unter dem Vorjahreswert. Auch die Spitzenrendite für Supermärkte und Discounter ging im Jahresverlauf um 20 Basispunkte zurück und lag Ende Dezember bei 4,9 %. Bei Büros in den Top-6-Städten lagen die Spitzenrenditen bei 2,8 % (- 3 Basispunkte ggü. 2019-Q4). Demgegenüber stiegen die Renditen bei Shoppingcentern um 70 Basispunkte und bei Fachmarktzentren um 35 Basispunkte an. „Die veränderte Einschätzung der Nutzungsarten hat sich in einer Polarisierung der Renditeentwicklung niedergeschlagen und dürfte sich weiter fortsetzen“, kommentiert Matti Schenk, Associate Research Germany bei Savills und ergänzt: „Für das laufende Jahr rechnen wir mit einem weiteren Rückgang der Anfangsrenditen bei Core-Büroimmobilien, Logistikobjekten und bei Lebensmittelmärkten. Demgegenüber dürften beispielsweise Renditeanstiege bei Non-Core-Büroobjekten und Geschäftshäusern stehen“.

Einbruch bei Hotels – Volumenanstieg lediglich bei Sozialimmobilien

Im vergangenen Jahr lag der Fokus der Investoren abermals auf Büroimmobilien, auf die etwa 27,6 Mrd. Euro bzw. 47 % des Gesamtvolumens entfielen. Auf den Rängen zwei und drei folgten Handelsimmobilien mit 12,0 Mrd. Euro bzw. Industrie- und Logistikimmobilien mit ca. 6,6 Mrd. Euro. Sozialimmobilien waren die einzige Nutzungsart die im vergangenen Jahr ein Umsatzplus verzeichnen konnte (+ 22 % ggü. 2019). Die stärksten Rückgänge beim Transaktionsvolumen verzeichneten Hotels (- 66 %), gefolgt von Mischobjekten (- 26 %) und Büros (- 21 %).

Größerer Teil des Volumens entfällt auf kleine Standorte

Mit einem Anteil von etwa 55 % am Transaktionsvolumen zogen die sieben A-Städte erneut den größten Teil des Kapitals an (2019: 58 %). Allerdings entfielen im vergangenen Jahr etwa 24 % des Volumens auf Standorte außerhalb der ABCD-Städte. Dies war der zweithöchste Anteil im vergangenen Marktzyklus und eine Folge des Bedeutungsgewinns von Logistikimmobilien, Sozialimmobilien und Lebensmittelmärkten.

Käuferlandschaft von europäischen Akteuren dominiert

Auch aufgrund von Reisebeschränkungen stieg der Anteil deutscher Investoren im vergangenen Jahr an. So entfielen etwa 57 % des Volumens auf inländische Käufer und damit so viel wie zuletzt im Jahr 2013. Etwa 71 % des ausländischen Kapitals stammte aus Europa, rund 21 % aus Nordamerika und der Rest aus dem Nahen Osten und Asien. „Der Anteil europäischen Kapitals hat im Zuge des letzten Jahres zugenommen, der des asiatischen Kapitals hingegen abgenommen“, berichtet Lemli und begründet: „Außereuropäische Investoren sind weiterhin sehr interessiert an deutschen Gewerbeimmobilien. Aktuell stehen für sie Investments über Fonds- und Investmentmanager und lokale Partner im Fokus“.

Versicherungen steigern Ankaufsvolumen entgegen dem Markttrend

Offene Spezialfonds waren abermals die aktivste Käufergruppe und zeichneten für über 31 % des Transaktionsvolumens verantwortlich. Auf den zweiten Rang kamen Fonds- und Assetmanager mit einem Anteil von rund 20 %. Den dritten Rang nahmen Immobilien AGs / REITs ein, auf die etwa 9 % des Volumens entfiel. Das Ankaufsvolumen aller drei Investorengruppen ging gegenüber dem Vorjahr spürbar zurück. Demgegenüber haben Versicherungen und Pensionskassen absolut deutlich mehr investiert als im Vorjahr (+ 1,1 Mrd. Euro bzw. + 49 %). „Dass Versicherungsgesellschaften merklich aktiver sind als in der Vergangenheit ist ein typisches Phänomen für eine Marktphase wie die jetzige. Wenn Fremdkapital weniger verfügbar ist, sind eigenkapitalstarke Investoren im Vorteil“, erläutert Lemli.

Ausblick 2021

Viele Investoren dürften indes ihr für 2020 angepeiltes Ankaufsziel nicht erreicht haben. Zudem werden viele Investoren voraussichtlich noch mehr Anlegergelder auf der Suche nach auskömmlichen und stabilen Erträgen erhalten. „Vor dem Hintergrund des Anlagedrucks bei den Investoren und gestiegener Risiken an den Nutzermärkten glauben wir, dass sich die Anlagestrategien der einzelnen Investoren jenseits des kleinsten gemeinsamen Nenners ‚Logistik, Wohnen, AAA-Büro‘ stärker ausdifferenzieren werden“, erwartet Lemli und führt weiter aus: „Manche Investoren dürften eine etwaige Preisdelle bei Büros in B-Lagen als antizyklische Gelegenheit für Zukäufe betrachten, andere halten eben jene Objekte für langfristig zu risikobehaftet und stehen auf der Verkäuferseite. Das Vorhandensein sowohl von Verkäufern als auch von bereitstehenden Käufern dürfte im laufenden Jahr das Transaktionsvolumen auf hohem Niveau halten“. Für das Gesamtjahr rechnet Savills damit, dass das Transaktionsvolumen erneut die 50 Mrd. Euro-Marke erreicht. „Mit Beginn des neuen Jahres haben sich die Unwägbarkeiten zunächst nicht verringert.

Der Start der Impfungen lässt einerseits Licht am Ende des Tunnels erkennen, andererseits zeichnen sich mit der zweiten Infektionswelle und dem Auftreten der neuen ansteckenderen Virusvariante noch schärfere Einschränkungen des öffentlichen Lebens ab. Wir rechnen damit, dass das Transaktionsgeschehen in der ersten Jahreshälfte unterdurchschnittlich bleibt und in der zweiten Jahreshälfte wieder an Fahrt gewinnt“, prognostiziert Schenk.

 

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