Die Abwahl des Noch-Präsidenten Donald Trump schürt bei Expats und deutschen Unternehmen mit USA-Bezug die Hoffnung, dass der Mitarbeitereinsatz in den Vereinigten Staaten sich künftig leichter gestaltet. Wie es nun weitergehen könnte, erläutern die Experten der BDAE Gruppe.
Omer Dotou, Leiter Unternehmensberatung BDAE Consult, beobachtet schon länger, dass Fachkräfte deutscher Unternehmen eine Entsendung in die USA nicht mehr als großen persönlichen Gewinn betrachten. Das gilt umso mehr, seit die Corona-Pandemie die Welt in einen Ausnahmezustand versetzt hat. Die USA hat besonders mit den Folgen zu kämpfen und hat im Verhältnis zur Einwohnerzahl mit mehr als 246.000 Covid-19-Toten die höchste Todesrate zu verzeichnen und verbucht bereits mehr als elf Millionen Corona-Infizierte (Stand 16.11.2020).
“Aus unserer Sicht ist es in der nahen Zukunft nicht empfehlenswert, dass die Familie den oder die Expat in die USA begleitet”, sagt Dotou weiter. Aus der Beratungspraxis weiß er, dass Mitarbeiter, die von ihrem Arbeitgeber in die USA entsandt werden sollen, schon seit langem Sorge haben, dass ihre Angehörigen Nachteile haben könnten, wenn sie das US-Gesundheitssystem in Anspruch nehmen müssen.
Expats bescheinigen USA extrem schlechtes Gesundheitswesen
Die Expat Insider Studie 2019 des Expat-Netzwerkes InterNations bestätigt, was der Unternehmensberater feststellt: Mehr als sieben von zehn Expats finden, dass die Gesundheitsversorgung in den USA nicht bezahlbar ist. Beim Ranking um die beste Lebensqualität der Studie belegen die USA bei diesem Faktor im Vergleich zu anderen Ländern den letzten Platz.
“Wer als Ausländer in den USA Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen will, sollte immer seine Kreditkarte und mindestens alle Angaben zu seiner Auslandskrankenversicherung parat haben. Vor allem Krankenhausrechnungen sind in der Regel exorbitant”, weiß Michael Bullerjahn, Leiter Abrechnungsservice bei der BDAE Gruppe. Egal ob man eine Klinik mit einer Erkältung oder einer Blinddarmentzündung betritt, bei der Anmeldung werde von einem zuständigen Sachbearbeiter zunächst geklärt, ob die Versicherung des Erkrankten oder der Betroffene selbst die Kosten übernehmen kann. Lediglich in absoluten Notfällen, wird der Patient sofort behandelt – und das Geld dann später eingetrieben.
Horrende Arztkosten in den USA
Die Kosten für ein Krankenhauszimmer betragen pro Tag rund 1.000 US-Dollar, auf der Intensivstation können es bis zu 10.000 US-Dollar täglich werden. “Auch die Arzthonorare sind im Verhältnis zu Deutschland oft immens hoch – und sie variieren, je nachdem, an welcher Klinik ein Arzt beschäftigt ist. Das nimmt manchmal absurde Ausmaße an, wenn ein derselbe Arzt je nach dem, in welcher Klinik er einen Patienten behandelt, unterschiedlich hohe Honorare für die Behandlung derselben Sache abrechnet”, weiß Schadenregulierungs-Experte Bullerjahn.
Auch wenn der designierte Präsident Joe Biden versprochen hat, das Gesundheitswesen zu verbessern und sich für eine erweiterte Übernahme von Krankheitskosten einsetzen will, wird das ausländischen Gästen in den USA nicht unmittelbar zugutekommen. Es könnte sogar sein, dass Biden die von Obama eingeführte Steuerstrafe für Personen und Institutionen, die keine Krankenversicherung entsprechend des “Patient Protection and Affordable Care Act” (PPACA), bekannt als Obamacare, abgeschlossen haben, wieder einführen wird. Diese hatte Trump nämlich 2017 mit seiner Steuerreform ausgesetzt. “De facto würde dies bedeuten, dass deutsche Bürger, die in irgendeiner Form steuerpflichtig in den USA werden, eine Obamcare konforme Krankenversicherung abschließen müssen”, mutmaßt Unternehmensberater Dotou von der BDAE Consult.
Auch unter Biden wohl keine Lockerung der Einwanderungspolitik zu erwarten
Ausländische Unternehmen hoffen zudem darauf, dass sich in punkto Einwanderungspolitik unter Biden vieles zum Positiven wendet. Unter der Regierung Trump wurden die Einreisevorschriften für Fachkräfte deutlich verschärft, so dass weltweit etliche Unternehmen bei der Beantragung von einer Arbeitserlaubnis für Spezialisten scheiterten. Die BDAE Consult betreute einen entsprechenden Fall, an dem sich die Schwierigkeiten beim Einwanderungsrecht signifikant abbilden ließen.
“Ob die Restriktionen für ausländische Fachkräfte im US-Einwanderungsrecht unter Biden gelockert werden, wagen wir zu bezweifeln. Die Corona-Pandemie hat mehr als 20 Millionen US-Amerikaner arbeitslos gemacht. Auch die Demokraten werden alles in ihrer Macht stehende tun, um offene Stellen vor allem mit den Landsleuten zu besetzen und möglicherweise das Aufenthaltsrecht zu ihren Gunsten verschärfen”, schätzt Dotou.
Er glaubt allerdings, dass unter einer Regierung Biden anders als bisher weniger Willkür seitens der Einwanderungsbehörde an den Tag gelegt werde und ausländische Firmen mit mehr Rechtssicherheit rechnen werden können. Aus Erfahrung weiß er, dass es in den vergangenen vier Jahren unmöglich war, vorherzusehen, ob ausländische Spezialisten überhaupt eine Chance auf einen Aufenthaltstitel haben, denn zu chaotisch und mitunter willkürlich gestaltete sich der Antragsprozess.
US-Firmen auf deutsche Spezialisten angewiesen
Aber es gibt Branchen, in denen die USA auf deutsche Fachkräfte angewiesen sind, so zum Beispiel im Bereich Automation und Roboter. So benötige unter anderem das Automobilunternehmen Tesla Spezialisten aus Deutschland. Viele Maschinen in der Produktion könnten nur von spezialisierten deutschen Ingenieuren gewartet werden.
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