Beitrag von Christian Bender, Portfoliomanager bei der SIGNAL IDUNA Asset Management und verantwortet unter anderem den global agierenden Rentenfonds HANSAinternational

 

Taktiken für den globalen Rentenmarkt

Wenn es stimmt, dass Anleihekäufer Unsicherheit zu vermeiden suchen, dann dürfte man nur noch in strahlende Gesichter blicken. Denn Jerome Powell, Chairman der US-Notenbank, verkündete, die US-amerikanischen Leitzinsen bis 2023 auf dem derzeitigen Niveau belassen zu wollen. Und damit hat nach Japan und der Euro-Zone nun auch die dritte große Welt-Währung sich dauerhaft für die Null entschieden.

Mehr Anlass für (Vor)Freude bietet allerdings Powells ergänzende Botschaft, das Inflationsziel künftig nurmehr als einen langjährigen Durchschnittswert und nicht als einen fixen Wert zu begreifen. Das eröffnet die – zumindest theoretische – Möglichkeit für deren zukünftiges Überschießen über die bislang vermeintlich feste Zielmarke von 2 % hinaus. Und das wiederum hat den Boden für eine höhere Risikoprämien- und damit auch eine generelle Renditeforderung seitens des Marktes für das lange Ende bereitet. Damit könnte die US-Zinskurve steiler und attraktiver werden. Und die US-Banken könnten ihren Vorsprung gegenüber ihren japanischen und europäischen Wettbewerbern noch weiter ausbauen.

Die Spannung der US-Präsidentschaftswahl ist gesunken

Mit ihrem Schritt aber hat die FED auch in weiten Teilen für den Anleihemarkt die Spannung aus der US-Präsidentschaftswahl genommen. Denn ob nun Donald Trump oder Joe Biden aus der Wahl am 3. November als Sieger hervorgeht: Da diese Maßnahme der US-Notenbank nicht politisch motiviert war, sondern mit Blick auf die wirtschaftliche Situation getroffen worden ist, wird sie Bestand haben.

Den US-Dollar erwarte ich in der Folge 2021 gleichwohl in einem noch weiten Korridor zwischen 1,12 und 1,25. Dabei spricht die Zinsseite eher für einen schwächeren US-Dollar und motiviert mich, entsprechende Positionen abzubauen. Aber für den Fall, dass ein überzeugender Impfstoff nicht gefunden wird, kann dem Greenback durchaus wieder temporär die Rolle eines sicheren Hafens zuwachsen.

Finden sich vom Rendite-Risiko-Profil her attraktive US-Dollar-Bonds, werde ich dennoch zugreifen. Denn infolge der Zinsannäherung zwischen US-Dollar und Euro sind die Kosten für einen Währungs-Hedge deutlich gesunken. So hat sich die Zinsdifferenz im 1-Jahresbereich von 300 auf unter 100 Basispunkte reduziert. Im Ergebnis kann man heute mit Blick auf die zuvor skizzierte Range der erwarteten Wechselkursbewegung eine langlaufende US-Dollar-Anleihe für mehrere Monate absichern, ohne seinen Renditevorteil komplett aufzubrauchen. Und das macht einige US-Dollar-Papiere noch interessanter.

Philippinen oder Italien?

Mehrwert findet sich auch, wenn man vermeintlich Gleiches nebeneinanderstellt. So verkaufe ich gerade eine italienische Euro-Staatsanleihe, die mit ihrer zweijährigen Restlaufzeit sichtbar im negativen Bereich rentiert. Und im Gegenzug erwerbe ich eine philippinische Euro-Staatsanleihe. Beide werden seitens der etablierten Rating-Agenturen gleich benotet.

Doch so gern ich in Italien Urlaub mache: Für die Südeuropäer sehe ich auf Sicht der kommenden Monate – leider – wenig Potential für positive Überraschungen. Ganz anders die Philippinen und ihre regionalen Nachbarn, wie z. B. Vietnam, Thailand und Indonesien. Chinas unabwendbares Erstarken wird positiv auf diese Länder abfärben. Hinzu kommt die Erfahrung im Umgang mit Pandemien, wie der vor fast 20 Jahren grassierenden Lungenkrankheit SARS. Und wenn ein Impfstoff gefunden wird, wird das den für Teile der Region so wichtigen Tourismus stärken. Abseits dessen liegt die Verschuldung hier über alle Sektoren hinweg – Staat, private Haushalte, Banken und Industrie – relativ wie absolut auf deutlich niedrigeren Niveaus. Vor diesem Hintergrund halte ich Zinsaufschläge gegenüber Italien im Euro-Segment von 0,35 Prozent und mehr für ausnehmend attraktiv. Aber auch in den heimischen Währungen der Region erhält man ein gutes Risk-Return-Verhältnis.

Nordeuropa bietet langfristig gute Perspektiven

Wer sich für weniger exotische Fremdwährungen interessiert, wird in Nordeuropa gut bedient: Die Kronen aus Norwegen, Dänemark und Schweden überzeugen aufgrund der fundamentalen Rahmendaten ihrer Länder. Auch in einem bislang primär mit fossilen Brennstoffen assoziierten Norwegen zeugen die Offenheit für neue Technologien und die Betonung des Bildungssektors von Zukunftsfähigkeit.

Und das ist etwas, was Anleihekäufer auch längerfristig strahlen lässt.

 

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