BdV: Einzig die Finanzindustrie ist aufgrund der hohen Vermittler-Kosten skeptisch

 

Den Entwurf zur weiteren Regulierung (Ebene 2) des europäischen Altersvorsorgeprodukts PEPP (Pan European Pension Product) haben am vergangenen Freitag ausgewiesene EU-Experten diskutiert. Zu einer mit über 200 Teilnehmer*innen gut besuchten Online-Konferenz hatten die Verbraucherschutzorganisationen Bund der Versicherten e. V. (BdV) und BETTER FINANCE gemeinsam eingeladen. Gabriel Bernardino, Vorsitzender der europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung EIOPA, Dragoş Pîslaru, Mitglied des Europäischen Parlaments und Berichterstatter für PEPP und weitere Experten verschiedener Interessengruppen diskutierten die Chancen und Herausforderungen für PEPP.

„Fast alle Stakeholder sind optimistisch, dass PEPP ein Erfolg wird. Einige Lobbyisten der Finanzindustrie wollen jedoch mehr Geld für ihre Vermittler, um das Produkt zu verkaufen“, fasste Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV und Präsident von BETTER FINANCE, die Diskussion zusammen.

Guillaume Prache, Managing Director von BETTER FINANCE, der die Konferenz mit einem Vortrag über die „Finanzielle Repression“ eröffnete, führte aus: „In dieser sehr herausfordernden wirtschaftlichen Situation einer finanziellen Repression könnte das PEPP die Lösung für ein besseres Beitrag-Leistung-Verhältnis [mehr Gegenwert fürs Geld] und die Chance für eine angemessene Vorsorge sein.“

Nach einer herzlichen Begrüßung durch Edda Castelló, Aufsichtsratsvorsitzende des BdV, erläuterte Prache die Bedeutung der finanziellen Repression: „Finanzielle Repression ist eine Kombination aus öffentlichen Maßnahmen, die dazu führen, dass Sparer lediglich Renditen erzielen, die unter der Inflationsrate liegen, um Regierungen und Banken billige oder sogar subventionierte Anleihen zur Verfügung zu stellen. Die finanzielle Repression hat heute einen beispiellosen Höhepunkt erreicht.“ Dies wirkt sich auch auf Altersvorsorgeprodukte wie PEPP aus.

Jan Sebo, Professor und Vize-Dekan an der Wirtschaftsfakultät der Matej Bel Universität und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von BETTER FINANCE, zeigte die Auswirkungen der PEPP-Regulierung auf die jährlichen Standmitteilungen und die Vorteile eines Online-Ansatzes auf. Darüber hinaus wies er auf die grenzüberschreitenden Regeln hin: „PEPP könnte uns zu wahren Europäern machen.“

Die Podiumsdiskussion mit Bernardino und Pîslaru unter der Leitung von Kleinlein begann mit einer politischen Bewertung des PEPP-Projekts. Bernardino sieht in PEPP ein Beispiel für die „erfolgreiche Zusammenarbeit aller Wirtschaftsakteure.“ Pislaru erhofft sich von PEPP den grenzüberschreitenden Vertrieb „eines erschwinglichen Produkts für alle Bürgerinnen und Bürger“. In der weiteren Diskussion plädierte Bernardino für eine „starke Kapitalmarktaufsicht.“ Pîslaru wies darauf hin: „Der Green Deal muss gute ESG-Produkte liefern, in die investiert werden kann.“

Im zweiten Panel diskutierte Dr. Christian Gülich, EU Policy Officer des BdV, mit Experten den EIOPA-Regulierungsentwurf von PEPP. Für die Finanzbranche drückten Bernard Delbecque von EFAMA (für die Fondsbranche) und Olav Jones von Insurance Europe (für die Versicherungsbranche) ihre Zweifel am Kostendeckel von 1 % für das Basis-PEPP aus. Um eine vollständige Beratung für die Verbraucher*innen zu bieten, sei der Kostendeckel zu niedrig, erklärte Delbecque. Auch Jones schloss sich dieser Argumentation an.

Til Klein, Leiter des Fintech Vantik, betonte dagegen, dass PEPP eine große Gelegenheit für den digitalen und Online-Vertrieb darstelle.

Zusammen mit den Lobbyisten stimmte Klein darin überein, dass wie bei anderen privaten Rentenprodukten auch für PEPP steuerliche Anreize eingeführt werden sollten. Der vierte Diskussionsteilnehmer Hans van Meerten, Professor an der Universität Utrecht, ist dagegen davon überzeugt, dass diese Steueranreize eines Tages PEPP gewährt werden. Kritisch dagegen sieht er das Fehlen einer eigenständigen Definition von Garantien. Selbst die Versicherer könnten im Rahmen von Solvency II nur eine Garantie von 99,5 % gewähren.

Das Fazit von BdV und BETTER FINANCE zur Konferenz ist sehr positiv. „BETTER FINANCE und BdV betonen die Bedeutung von PEPP und die Notwendigkeit einer Expertendiskussion über die Altersvorsorge in Zeiten der finanziellen Repression“, erklärte Prache. „Wir hoffen, im nächsten Jahr in Hamburg eine Folgekonferenz zu veranstalten, wenn PEPP auf den Markt gekommen ist. Dann hoffentlich ohne Corona-Einschränkungen“, erklärte Kleinlein, während er eine Maske mit EU-Flagge aufsetzte.

 

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