Über japanische Aktien gibt es viele Mythen und Missverständnisse.
Japan verbinden viele Investoren mit schwachem Wachstum, alternder Bevölkerung und Deflation und erwarten daher geringe Investmentchancen – zu Unrecht. Die vier größten Mythen über den japanischen Aktienmarkt deckt Sophia Li, Portfoliomanagerin bei First State Stewart Asia, auf.
„Der japanische Aktienmarkt ist kaum erforscht. Deshalb ist ein Großteil seiner ‚verborgenen Juwelen‘ unentdeckt, hochqualitative Unternehmen, die nachhaltig wachsen. Wer diese finden will, muss hinter die Mythen blicken und die Eigenschaften des japanischen Aktienmarktes kennen.
Mythos 1: Stagnierendes Wirtschaftswachstum drückt Renditen
Investoren befürchten, dass geringes Wirtschaftswachstum mit geringen Aktienrenditen einhergeht. Doch Unternehmen können auch in einer stagnierenden Wirtschaft wachsen. Zwar korrelieren Unternehmensgewinne und Aktienpreise meist mit dem Bruttoinlandsprodukt, japanische Unternehmen aufgrund des geringen Wachstums der Volkswirtschaft zu meiden, ist jedoch unbegründet.
Seit den späten 90er Jahren ist das japanische Bruttoinlandsprodukt nur um vier Prozent gewachsen, die Unternehmensgewinne im gleichen Zeitraum jedoch um 180 Prozent. Lukrative Titel können sogar in schrumpfenden Sektoren gefunden werden. Das macht es für Bottom-up-Investoren, die recherchebasiert investieren, einfacher, Alpha zu generieren.
Mythos 2: Alternde Bevölkerung behindert Wachstum
Der zweite Mythos ist eng mit dem ersten verknüpft. Investoren fürchten, dass das hohe Durchschnittsalter in Japan die Produktivität und Investitionsquote der Volkswirtschaft reduziert und gleichzeitig die Sozial- und Gesundheitsausgaben treibt. Es stimmt, dass Japans Bevölkerung überdurchschnittlich alt ist. Die Vereinten Nationen erwarten, dass bis 2050 38 Prozent der Japaner älter als 65 Jahre sein werden. Schon heute liegt ihr Anteil bei 28 Prozent.
Diese vermeintliche Zeitbombe wird jedoch nicht zünden, denn sie ist Politik und Wirtschaft gut bekannt, sodass sie entschärft werden kann. Sie wissen, dass der Anteil der Ruheständler steigt, während derer der Arbeitnehmer sinkt. Japans Regierung und Unternehmen hatten genug Zeit, um Lösungen zu finden, von denen andere alternde Volkswirtschaften lernen können.
Beispielsweise konzentrieren sich japanische Hersteller in der Regel nicht auf den Binnenmarkt. Ihre Produkte stehen weltweit für Innovation und Qualität. Besonders hoch ist der Marktanteil japanischer Unternehmen im asiatisch-pazifischen Raum, wo 60 Prozent der Weltbevölkerung leben – mit stark wachsendem Einkommen.
Zudem gibt es einige Sektoren, die von der demografischen Entwicklung profitieren, und die damit auch für Investoren interessant sind. So ist Japan weltweit führend in der Automatisierung. Mehr als die Hälfte aller Industrieroboter und computergesteuerten Systeme werden dort hergestellt.
Mythos 3: Geringes Unternehmertum verringert Anlagechancen
Der dritte Mythos ist, dass sich aufgrund der geringen Zahl von Unternehmensgründungen wenig Chancen für Investoren finden. In Japan ist das Gegenteil der Fall. Richtig ist, dass es Venture-Capital-Investoren in Japan schwer haben. Die jüngeren Generationen arbeiten lieber in einem sicheren Job in einem typisch japanischen Großunternehmen, als das Risiko einzugehen, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Das deflationäre Umfeld scheint das Bedürfnis der Gesellschaft nach Sicherheit zu verstärken. Die geringe Nachfrage nach Venture Capital reduziert das Angebot, was Unternehmensgründungen wiederum erschwert – ein Teufelskreis.
Für Investoren kann dieser unterentwickelte Kapitalmarkt aber von Vorteil sein. Besonders in Nischensektoren mit geringer Marktgröße gibt es oft nur ein oder zwei dominante Unternehmen und keinen drohenden Wettbewerb. Aktieninhaber können daher konstant hohe Cashflows erwarten.
Mythos 4: Japan hat keine qualitativen Unternehmen
Der vierte Mythos über den japanischen Aktienmarkt basiert darauf, dass dieser unterdurchschnittlich gut erforscht ist. Die japanische Managementphilosophie unterscheidet sich deutlich, sodass es verfehlt wäre, Aktien nach westlichen Qualitätskriterien zu selektieren. Investoren brauchen tiefe Kenntnisse und müssen Kultur und Gesellschaft verstehen, um japanische Geschäftsmodelle analysieren zu können.
So handelt das Management nicht primär im Sinn der Aktionäre, indem es ihre langfristigen Renditen maximiert, sondern im Sinn der Stakeholder. Es wird durch tiefere Ziele als finanzielle Anreize motiviert. Diese nachhaltig orientierte Unternehmensführung führt zu langfristig erfolgreichen Unternehmen, die qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen bieten und ihren internationalen Marktanteil kontinuierlich steigern. Das begünstigt wiederum stabile und hohe Renditen. Dafür müssen Investoren aber hinter die üblichen Finanzkennzahlen schauen.
Die Existenz dieser Mythen illustriert, wie wenig der japanische Aktienmarkt erforscht ist. Dass sie sich leicht widerlegen lassen, deutet auf zahlreiche vielversprechende Titel hin. Genau diese Kombination bietet Investoren die Chance, Alpha zu generieren – vorausgesetzt sie sind bereit, langfristig und forschungsbasiert zu investieren.“
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