Emerging Markets dürften langfristig deutlich aufholen
Im Zuge der Corona-Pandemie spekulieren derzeit viele Kapitalmarktexperten darüber, welche Branchen in der Krise kurzfristig, aber auch auf lange Sicht profitieren dürften. Die Hamburger Sutor Bank hat die Wertentwicklung von zehn Branchen sowohl auf Sicht von einem Jahr als auch von zehn Jahren nach Regionen verglichen und dabei festgestellt, dass – zumindest bei einem weltweiten Blickwinkel – eine pauschale Branchen-Aussage schnell in die Irre führen kann. Denn es zeigt sich, dass beim Vergleich der Regionen USA, Europa und Emerging Markets zum Teil sehr große Unterschiede innerhalb der einzelnen Branchen bestehen, von deutlich im Plus bis deutlich im Minus. Auf Sicht von zehn Jahren ist festzustellen, dass die US-Unternehmen in neun von zehn Branchen Performance-Sieger sind – auf Sicht von einem Jahr liegen die Emerging Markets fünf Mal vorne, europäische Unternehmen drei Mal.
Anleger sollten nach Ansicht der Sutor Bank auf eine weltweite, weniger US-lastige Streuung achten. Denn die Dominanz der US-Unternehmen steht auf wackeligem Fundament: Die Emerging Markets könnten mittel- bis langfristig, angetrieben durch China, gegenüber den USA deutlich aufholen. Denn mit dem 14. Fünf-Jahres-Plan, der ab 2021 gilt, strebt China eine umfassende Stärkung des Binnenmarktes an, um die Abhängigkeit insbesondere von US-Produkten zu verringern. Gerade die exportorientierten „big player“ der US-Wirtschaft könnten dadurch in den nächsten Jahren stärker belastet werden.
Große Unterschiede innerhalb der Branchen auf kurze Sicht
Blickt man auf den kurzfristigen einjährigen Zeitraum, zeigt sich, wie unterschiedlich die drei wichtigsten Wirtschaftsräume USA, Europa und Emerging Markets durch die unmittelbare Krise gekommen sind. Eine zweistellige Minus-Performance über ein Jahr gibt es in allen drei Regionen im Energie- sowie im Finanzsektor. Doch in den Emerging Markets hat es den Energie-Sektor deutlich weniger heftig getroffen (-16%) als in Europa (-43%).
Diverser wird das Bild etwa in Sektoren wie Basis-Konsumgüter, Nicht-Basiskonsumgüter, Industrie, Kommunikation oder Versorger – hier reicht die Performance auf Sicht von einem Jahr je nach Region von deutlich im Plus bis deutlich im Minus. Beispiel Kommunikation: Die europäischen Werte liegen auf Jahressicht bei knapp -19 Prozent, in den Emerging Markets mit 22 Prozent im Plus, die US-Werte stehen bei knapp 15 Prozent im Plus. Demgegenüber liegen die Versorger in den Emerging Markets bei einem Jahr mit 14 Prozent im Minus, in Europa mit knapp 15 Prozent im Plus. In Europa sind die Industriewerte wiederum leicht im Plus mit 1,5 Prozent, während diese sowohl in den USA als auch in den Schwellenländern im Minus liegen.
Im Gesundheitswesen und in der Informationstechnologie liegen alle Regionen auf ein Jahr zweistellig im Plus – wobei etwa im Gesundheitswesen die Werte aus den Emerging Markets mit fast 48 Prozent im Plus liegen, und damit mehr als doppelt so hoch wie etwa in den USA und in Europa.
Auf lange Sicht: USA dominieren Branchen-Vergleich
Auf 10-Jahres-Sicht zeigt sich im Branchen-Vergleich die große Dominanz von US-Unternehmen: In neun von zehn Branchen liegen die US-Werte zum Teil deutlich vorne. Lediglich die US-Energie-Werte (-2,11% p.a.) müssen sich knapp der europäischen Konkurrenz (-0,41%) geschlagen geben.
Performance-Sieger ist auf 10-Jahres-Sicht wenig verwunderlich der Bereich Informationstechnologie in den USA mit einem Plus von etwas über 20 Prozent pro Jahr, die Emerging Markets folgen mit knapp 15 Prozent pro Jahr. Auch im Bereich der Nicht-Basiskonsumgüter zeigen die US-Werte eine starke Performance über 10 Jahre mit über 18 Prozent pro Jahr – wobei die Entwicklung ganz wesentlich von Amazon geprägt ist. Europäische Werte folgen hier erst mit etwas über 7 Prozent pro Jahr.
In einigen Branchen ist die Wertentwicklung über zehn Jahre je nach Region zum Teil erheblich unterschiedlich. In den drei Sektoren Grundstoffe, Industrie und Versorger liegen gemäß der Auswertung die annualisierten Performances aus den Emerging Markets im Minus, während die USA und auch Europa im Plus liegen.
Wie lange hält die US-Dominanz an? Weltweite Diversifizierung wichtig
Die Auswertung zeigt, dass es problematisch ist, pauschal von Branchenentwicklungen zu sprechen – zu unterschiedlich sind diese nicht nur im Vergleich zwischen Schwellenländern und Industrienationen, sondern auch im Vergleich von USA versus Europa. Ein zu einseitiges Setzen auf US-Werte sollten Anleger trotz der offensichtlichen US-Stärke vermeiden. Denn die Frage, die sich für Investoren stellt, ist: Wie lange wird die Dominanz der USA in den unterschiedlichen Branchen anhalten?
Dazu kann es keine gesicherte Antwort geben. Doch es ist davon auszugehen, dass China – das mit seinen Unternehmen allein in sieben der zehn untersuchten Branchen-Indizes der Emerging Markets den größten Anteil hält – mittel- bis langfristig eine deutlich größere Marktmacht in diversen Sektoren erlangen könnte, was sich auch in positiven Performance-Zahlen niederschlagen dürfte. Denn im Zuge der wirtschaftlichen Auseinandersetzung mit den USA strebt China in vielen Bereichen nun eine stärkere Unabhängigkeit insbesondere gegenüber US-Waren an. Demnach soll der nächste Fünf-Jahres-Plan, der von 2021 bis 2025 gilt, die chinesische Binnenwirtschaft massiv stärken – insbesondere auch in Segmenten, in denen bislang US-Importe dominieren. Schon jetzt hat sich Chinas Wirtschaft deutlich erholt, im 2. Quartal 2020 verzeichnete sie ein Wachstum von 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.
Anleger sollten nach Einschätzung der Sutor Bank grundsätzlich bei Branchen-Engagements Vorsicht walten lassen – durch unvorhersehbare Ereignisse kann die Gewinner-Branche von heute schnell zur Verlierer-Branche von morgen werden. Mit Blick auf die regionale Streuung gilt es zudem, wachsam gegenüber einer zu großen Portfolio-Dominanz von US-Werten zu sein. Auch hier kann die aktuelle Stärke schnell zu einem Klumpenrisiko in der Zukunft werden. Wer sein Portfolio möglichst breit streuen möchte, sollte daher auch die zunehmende wirtschaftliche Stärke der Emerging Markets berücksichtigen.
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