Die fünfte BU-Leistungspraxisstudie von Franke und Bornberg liefert Fakten zur BU-Regulierung, räumt mit Vorurteilen auf und zeigt, was Versicherer noch besser machen können.

 

Erst im Leistungsfall schlägt für BU-Versicherte die Stunde der Wahrheit. Wie zuverlässig reguliert mein BU-Versicherer? Ist die Ablehnungsquote tatsächlich so hoch? Welche Erkrankungen machen berufsunfähig? Und wie lange dauert es eigentlich von der Meldung eines Leistungsfalls bis zur Entscheidung?

Diese und weitere Fragen untersuchen die Experten von Franke und Bornberg im Rahmen des BU-Unternehmensratings bei ausgewählten BU-Versicherern – jedes Jahr aufs Neue und 2020 bereits zum 16. Mal. Dafür analysieren sie Zahlen und Prozesse in den Bereichen Risikoprüfung, Leistungspraxis und Controlling und untersuchen die Regulierungspraxis sogar vor Ort bei den Gesellschaften. Michael Franke, Mitgründer und Geschäftsführer von Franke und Bornberg, erläutert das Verfahren: „Wir sind keine BU-Polizei und recherchieren auch nicht als verdeckte Ermittler. Die untersuchten Versicherer stellen sich unserem aufwendigen Verfahren freiwillig. Ihre und unsere Motivation: Qualität transparent zu machen und die Regulierung und damit auch die BU insgesamt noch zu verbessern.“

Das umfangreiche Zahlenmaterial liefert nicht nur die Grundlage für das Rating, sondern dient auch als Datenbasis für die von Franke und Bornberg seit der Erstauflage im Jahr 2014 regelmäßig veröffentlichten Studien zur BU-Leistungspraxis. Die Regulierungsstudie 2020 basiert auf Untersuchungsdaten für das Geschäftsjahr 2018. Diese Daten werden durch Stichproben vor Ort validiert, die im November 2019 erfolgten – also noch „vor Corona“. Teilgenommen haben die BU-Versicherer

Generali Deutschland (ehemals AachenMünchener), ERGO Vorsorge, HDI, Nürnberger und Zurich. Sie bieten rund 3,9 Millionen Kund*innen Versicherungsschutz bei Berufsunfähigkeit.

Diese Versicherer drücken sich nicht vor der Leistung

Allen Unkenrufen zum Trotz: Bei keiner der untersuchten Gesellschaften fanden die Analysten von Franke und Bornberg Anhaltspunkte für Leistungsverweigerung mit System. Das bestätigen diese Zahlen: Knapp 80 % aller abgeschlossenen Regulierungen endeten mit einer Anerkennung der Leistungspflicht. Zieht man nur Fälle heran, bei denen die versicherte Monatsrente mindestens 300 Euro beträgt, liegt die Leistungsquote bei 76,4 %. Dass Versicherer knauseriger werden, wenn die Rente eine bestimmte Höhe erreicht, bestätigt sich auch oberhalb der 300 Euro nicht. Das zeigt die detaillierte Auswertung der Leistungsquoten nach Rentenhöhe. Allerdings sind Monatsrenten über 2.700 Euro selten anzutreffen.

Die meisten Ablehnungen erfolgen, weil der vertraglich vereinbarte BU-Grad (in der Regel 50 %) nicht erreicht wird. Auf diesen Sachverhalt entfallen mehr als die Hälfte aller negativen Entscheidungen (55 %). Besonders häufig bewilligt werden Berufsunfähigkeitsrenten für Versicherte zwischen dem 46. und 58. Lebensjahr. Bei jungen Erwachsenen im Alter von 17 bis 35 Jahren liegt die Ablehnungsquote deutlich über dem Durchschnitt. Das ist vor allem auf die Wirkung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückzuführen. Fast die Hälfte aller Ablehnungen (47 %) wegen Verletzung der Anzeigepflicht entfallen auf diese Altersgruppe.

Welche Krankheiten machen BU?

Leistungsauslöser Nummer eins waren auch 2018 psychische Krankheiten und Verhaltensstörungen. Sie stellen mehr als ein Viertel aller Anerkennungen (26,6 %). Es folgen Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems (23,8 %). Krebserkrankungen, in Statistiken als „Bösartige Neubildungen“ geführt, rangieren auf Platz drei. Unsicher ist die Datenlage übrigens für Unfälle. Hier gibt es nicht immer eine eindeutige Abgrenzung zu Krankheiten, die aus einem Unfall resultieren.

Auch ein Blick auf Daten der gesetzliche Rentenversicherung DRV zeigt die wachsende Dominanz von psychischen Erkrankungen. Hier waren im Neuzugang 2018 sogar rund 36 Prozent aller Erwerbsminderungsrenten (EMR) von Männern und sogar 48,7 Prozent der EMR von Frauen auf psychische Krankheiten und Verhaltensstörungen zurückzuführen. Der Vergleich zwischen privater BU und EMR zeigt: Die BU leistet häufiger als die EMR auch bei anderen Erkrankungen und die sorgfältige Gesundheitsprüfung zeigt Effekte.

BU-Regulierung – können Versicherer auch digital?

Versicherer ohne Digitalisierungsprojekte auf der To-Do-Liste? Die gibt’s kaum noch. Neben mehr Effizienz bei internen Prozessen stehen bei der Digitalisierung insbesondere Vertriebsaspekte wie Kundengewinnung und TAA-Prozess (Tarifierung, Angebot, Antrag) im Vordergrund. Die digitale Unterstützung im BU-Leistungsfall hingegen sei in der Regulierung noch ein knappes Gut, so Michael Franke. Etabliert habe sich mittlerweile das Telefoninterview zwischen Sachbearbeiter und

Anspruchsteller und sorge damit in der schwierigen Situation der Kunden für ein deutliches Plus an Unterstützung. Video-Chat, Desktop-Sharing oder Telefonkonferenz – diese Werkzeuge blieben zumindest in der Zeit vor Corona hinter ihren technischen Möglichkeiten zurück. Ein Schritt nach vorne sei das bereits praktizierte Online-Tracking des Leistungsfalles, vergleichbar mit der bekannten Paketverfolgung. Im besten Fall sehe der Kunde hier sogar den konkreten Bearbeitungsstand, teilweise aber auch nur den Posteingang. „Die Versicherer haben die Chancen der Digitalisierung für den Leistungsfall zwar erkannt“, konstatiert Michael Franke. „Sie müssen aber zunächst die oft betagten Bearbeitungssysteme modernisieren, um überhaupt für neue Techniken offen zu sein.

Kostbare Zeit, die jetzt fehle“, so Franke. „Seit Corona ist beispielsweise die traditionelle Außenregulierung kaum noch möglich.“ Videochatfunktionen und weitere digitale Werkzeuge seien nicht nur „nice to have“, sondern für eine kundenorientierte BU-Leistungsprüfung unabdingbar. Sein Tipp: Die in Corona-Zeiten improvisierten Lösungen in den Standard überführen nach dem Motto:

Wem nutzt die BU-Leistungsstudie von Franke und Bornberg?

Die BU-Leistungsstudie und das verbundene BU-Unternehmens- oder Leistungspraxisrating geben Teilnehmern ein kritisches Feedback zu eigenen Prozessen und der eigenen Regulierungspraxis und erlauben den Vergleich mit qualitätsbewussten Mitbewerbern. Benchmarks liefern die Basis für eine realistische Standortbestimmung und helfen bei der Weiterentwicklung und Optimierung. „Aber unsere Studie zur BU-Regulierung reicht über den Nutzen für die beteiligten Gesellschaften weit hinaus“, betont Franke. Die BU-Leistungsstudie von Franke und Bornberg schließe eine offene Flanke. Noch immer gebe es zu wenig belastbare Fakten zur BU-Regulierung. Das öffne Vorurteilen bis hin zur Diffamierung der privaten Arbeitskraftabsicherung Tür und Tor. Die Informationen des Versichererverbandes GDV sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber nicht immer hilfreich.

„Die veröffentlichten GDV-Analysen sind eher plakativ und zeigen nur wenig Detailtiefe. Unsere Studienergebnisse zeigen, dass eine detaillierte Datenerhebung und Analyse mehr Transparenz schaffen. Ein einfaches Beispiel ist die Berücksichtigung der Rentenhöhe. Anders als der GDV bereinigen wir dank der 300 Euro-Grenze die Ergebnisse um Beitragsbefreiungen und Dynamik- Effekte.“ Das mache die Werte aussagekräftig und weniger angreifbar. Zudem sei bei den Angaben des GDV nicht nachvollziehbar, welche Versicherer jeweils ihre Zahlen beigesteuert hätten. Die Bandbreite der Marktabdeckung schwanke von Statistik zu Statistik erheblich, so Franke. Gravierende Unterschiede gebe es auch bei nicht weiter verfolgten BU-Meldungen, BU-Ursachen und den Bearbeitungsdauern. „Wir vermuten, dass manche Versicherer nur die Nettoregulierungsdauer ab Eingang des Kundenfragebogens an den GDV melden. Franke und Bornberg hingegen bildet auch die Bruttoregulierungsdauer von Beginn der BU-Meldung ab. Das ist ehrlich und zeigt den Handlungsbedarf auf.“

Doch seine Hinweise zu den Zahlen des GDV sei kein Selbstzweck. „Dafür ist die Arbeitskraftabsicherung viel zu wichtig. In vielen Fällen entscheidet sie über die Existenz“, mahnt Franke. „Vorurteile gegenüber der BU können wir nur faktenbasiert entkräften. Dafür müssen die Zahlen belastbar und überprüfbar sein“, sagt Franke.

 

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