Marktkommentar von David Norris, Head of US Credit bei TwentyFour Asset Management:

 

 

 

  • Die Gewinne führender US-Banken lagen deutlich über den Erwartungen des Marktes, allerdings wurden hohe Rückstellungen aufgebaut
  • Die Mittelzuflüsse aus Märkten für niedrig verzinsliche Staatsanleihen in die Kreditmärkte dürfte sich positiv auf die Entwicklung der Anleihenmärkte auswirken
  • Die massive Unterstützung der US-Notenbank Fed hat eine starke Basis für die Kreditspreads geschaffen und sollte den Anleihenmarkt weiter stützen

Mit dem Eintritt in die Berichtssaison des zweiten Quartals, wollen wir einen Blick darauf werfen, wie sich der Anleihenmarkt in den USA in den vergangenen drei Monaten entwickelt hat:

Als die US-Banken am Dienstag mit ihrer Berichterstattung begannen, haben JPMorgan Chase und die Citigroup die Erwartungen des Marktes deutlich übertroffen, angeführt von den Erträgen aus ihren Investment-Banking-Abteilungen. Wells Fargo konnte sich dagegen weniger stark zeigen und musste den ersten Quartalsverlust seit der Finanzkrise vermelden. Interessanterweise stockten alle drei Banken ihre Kreditreserven aufgrund der Ungewissheit über den künftigen Verlauf der Wirtschaft erheblich auf. Die Erhöhung der Rückstellungen für Kreditverluste, zukünftige Ausbuchungen, Kreditrückstände und Unterlassungsmaßnahmen standen dann auch im Mittelpunkt der Q&As während der Telefonkonferenzen mit den Anlegern, um ein besseres Verständnis über weitere Verlustrückstellungen zu erlangen, die sich am Horizont abzeichnen könnten.

Abgesehen von der Erhöhung der Reserven zog sich ein roter Faden durch alle Bereiche. Jede der drei Bank verfügte über ein wirtschaftliches Basisszenario und nahm angesichts ihrer Wirtschaftsprognosen entsprechende Rückstellungen vor. Der CEO von JPMorgan Chase, Jamie Dimon, teilte sogar mit, dass seine Bank konservative Rückstellungen vorgenommen habe. Doch trotz einiger positiver makroökonomischer Daten aus jüngster Zeit und bedeutender, entschlossener Maßnahmen der US-Regierung sind wir weiterhin unsicher, was den künftigen Weg der US-Wirtschaft betrifft und welche Folgen dies auf die Unternehmensgewinne haben könnte.

Was können wir also angesichts dieser verschwommenen Aussichten von den bevorstehenden Unternehmensgewinnen in den USA und mit Blick auf das 3. Quartal erwarten? Zu den kurzfristigen Katalysatoren, die die Aussichten verbessern könnten, gehören unter anderem die folgenden:

  1. Die Verhandlungen über das nächste Finanzhilfegesetz sollen beginnen, wenn der Kongress nächste Woche wieder zusammenkommt. Die Erwartungen gehen von einem Maßnahme-Paket aus, das 1 Billion US-Dollar übersteigt und nicht nur die Bestimmungen des CARES-Gesetzes erweitert, sondern auch Bestimmungen zur Unterstützung eines Infrastrukturgesetzes enthalten könnte.
  2. Die Zahlen des 2. Quartals könnten positiv überraschen. Angesichts der Konsensprognose, dass die Gewinne im S&P 500 um 44% zurückgehen werden, ist die Messlatte ziemlich niedrig angesetzt, und Überraschungen nach oben würden den Markt stützen. Wir rechnen nicht damit, dass Unternehmen viele Zukunftsprognosen wagen werden. Raum für positive Überraschungen besteht trotzdem, insbesondere in jenen Branchen, die von der frühen Phase der Wiedereröffnung profitiert haben.
  3. Da wir uns auf absehbare Zeit wahrscheinlich in einem Niedrigzinsumfeld befinden werden, werden die Anleger an den Kreditmärkten nach zusätzlichen Renditen Ausschau halten. Wir haben 14 aufeinanderfolgende Wochen mit Zuflüssen für Investment-Grade-Fonds erlebt, die seit März auf über 146 Mrd. US-Dollar angestiegen sind. High-Yield hat im gleichen Zeitraum etwas mehr als 55 Milliarden US-Dollar angezogen. Infolgedessen wird der Markt weiterhin gut unterstützt, da die Anleger auf der Jagd nach Rendite sind.
  4. Ein Teil dieser Mittelzuflüsse ist darauf zurückzuführen, dass die Anleger aus den Märkten für niedrig verzinsliche Staatsanleihen in die Kreditmärkte wechseln. Wie wir bereits vor einiger Zeit gesagt haben, werden Staatsanleihen zwar als “risikofrei” bezeichnet, aber die meisten von ihnen sind jetzt wahrscheinlich auch “renditefrei”. Wenn man das zu der Anlageklasse hinzufügt, die weltweit negative Renditen abwirft, dann sollten die Kreditmärkte weiterhin profitieren.
  5. Die jüngsten Daten waren ermutigend: die Lohn- und Gehaltslisten für Juni, die Wohnungsbauzahlen für Mai, die persönlichen Ausgaben und die Einzelhandelsumsätze haben sich alle wieder verbessert.
  6. Für die zweite Jahreshälfte erwarten wir einen Rückgang der Neuemissionen. Da die Neuemissionen im Investment-Grade-Bereich seit Jahresbeginn bereits bei 100% des Niveaus von 2019 und der im High-Yield-Bereich nicht weit dahinter bei 60% liegen, haben viele Emittenten bereits schützende Bargeldpuffer aufgebaut, um der derzeitigen Konjunkturabschwächung standzuhalten. Daher erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass wir für den Rest des Jahres ein ähnliches Niveau an Neuemissioneen erreichen werden, es sei denn, es kommt zu einer zweiten Ansteckungswelle.
  7. Die massive Unterstützung durch die US-Notenbank Fed wird in nächster Zeit nicht nachlassen. Jerome Powell hat die Fed dazu verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit die Erholung so solide wie möglich ausfällt. Dies hat den Anlegern das Vertrauen gegeben, ihr Kapital in Rekordhöhe zu investieren. Die Fed hat bei ihren jüngsten Secondary Market Corporate Credit Facility-Programmen nur an der Oberfläche gekratzt, was auch einen starken Hintergrund für die Kreditspreads geschaffen hat, um ihre Erholung auf das Niveau vor der COVID-Krise fortzusetzen.

Wie wir bereits zu einem früheren Zeitpunkt erwähnt haben, sehen wir eine anhaltende Stärke an den Kreditmärkten und eine langsame Verengung der Spreads. Wir werden den Rest der Gewinnsaison für das 2. Quartal abwarten, um mehr Licht auf den Verlauf der Erholung zu werfen.

 

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