Zuversichtlich für chinesische Aktien: BNP Paribas Asset Management setzt auf Technologie, Konsum und Konsolidierung – trotz US-Warnungen
Die COVID-19-Pandemie in China ist weitgehend eingedämmt, Beschränkungen werden allmählich aufgehoben. Die Regierung kann sich auf die Neubelebung der Wirtschaft und Anleger können sich auf Investitionsmöglichkeiten in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt konzentrieren. Bewertungen, die derzeit niedriger sind als die vieler anderer Aktienmärkte, erhöhen ihre Chancen, vom Wachstum in China zu profitieren. „Unser Vertrauen in chinesische Aktien wächst. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen“, erklärt Chi Lo, Chefvolkswirt für China bei BNP Paribas Asset Management mit Sitz in Hongkong.
- Rückmeldung: China ist wieder „at work“
Zuletzt hat die chinesische Industrie, auch in der Region Hubei, wieder nahezu ihre volle Kapazität erreicht. Im Dienstleistungs- und Konsumsektor schreitet die Erholung etwas langsamer voran, was durch teilweise Reisebeschränkungen und den Verlust von Arbeitsplätzen und Einkommen begründet ist. „Insgesamt jedoch zeigt die allmähliche Rückkehr zur Normalität, dass die Nation relativ schnell wieder auf die Beine kommt“, so Lo. „Größte Risiken derzeit sind eine zweite Infektionswelle – und zu wenig Auslandsnachfrage.“
- Geldspritze: Zusätzliche staatliche Hilfen
Im 1. Quartal 2020 schrumpfte das BIP Chinas im Jahresvergleich um 6,8 Prozent. Für das Gesamtjahr 2020 wird ein Wachstum von etwa 3 Prozent erwartet, denn seit dem Ausbruch von COVID-19 hat die People’s Bank of China (PBoC) eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Folgen der Pandemie zu bekämpfen und die Nachfrage zu stützen. Während des jährlichen Nationalen Volkskongresses lag das Hauptaugenmerk zuletzt auf dem Umfang der fiskalischen Anreize. Vorgesehen ist demnach die zusätzliche Ausgabe von Staatsanleihen im Wert von einer Billion Yuan (rund 128 Milliarden Euro). Zur Finanzierung neuer Infrastruktur sollen zusätzlich regionale Anleihen von nun 3,75 Billionen Yuan mehr als im Vorjahr ausgegeben werden. Die Ausgabenpläne Pekings implizieren ein Haushaltsdefizit von rund 10 Prozent des BIP 2020. Das ist weniger als die 12 Prozent des BIP, die nach der globalen Finanzkrise eingesetzt wurden.
- Stichwort Trump: Risiken im Auge behalten
„Die Investoren haben die Spannungen zwischen China und den USA weiter im Fokus, und auch wir verfolgen die Situation aufmerksam“, sagt der China-Experte. Aktuelles Schwerpunktthema ist das US-Gesetz über die Rechenschaftspflicht ausländischer Holdinggesellschaften. Das Gesetz verlangt von ausländischen Wertpapieremittenten den Beleg, dass eine ausländische Regierung sie nicht besitzt oder kontrolliert. In den USA notierte ausländische Unternehmen werden von der Börse genommen, wenn die Aufsichtsbehörde die Buchhaltung in drei aufeinander folgenden Jahren nicht inspizieren kann.
„Wir glauben aber, dass ein solches Gesetz nur begrenzten Effekt auf die Fähigkeit chinesischer Unternehmen hat, sich die Kapitalmärkte zu erschließen. Gerade kurzfristig halten wir das Risiko für überschaubar: Ein Delisting kann frühestens 2023 erfolgen. Und im Ernstfall können sich die Unternehmen für eine Notierung in Hongkong entscheiden.“ Der an der New York Stock Exchange (NYSE) notierte E-Commerce-Konzern Alibaba etwa hatte bereits im vergangenen Herbst einen Ausweichplatz an der Hongkonger Börse gefunden und bei einem Zweit-Listing 13 Milliarden Dollar eingesammelt. Nun will es ihm das Internetunternehmen Netease gleichtun, wenngleich in kleinerem Maßstab. „Die meisten chinesischen Firmen haben in den letzten fünf Jahren Aktien eher in Hongkong und Shanghai und nicht in den USA ausgegeben“, weiß Lo.
- Weitere Aussichten: Drei Themen für langfristiges Wachstum
Apropos Internet: Obwohl die Digitalisierung Chinas Wirtschaft schon zuvor sehr geprägt hat, hat der Ausbruch von COVID-19 diesen Trend nochmals beschleunigt. BNP Paribas Asset Management hat darum seinen Fokus nochmals auf Technologiethemen, Cloud-Dienste, Hard- und Software geschärft. Weltweit stellt China immerhin 112 und damit 25 Prozent der über 400 Einhorn-Unternehmen, also Startups mit einer Marktbewertung von über einer Milliarde US-Dollar. Es ist nach den USA damit der zweitgrößte Player, so eine Studie von CB Insights.
„Wir sehen insgesamt drei strukturelle Trends, die Chinas Wachstum weiterhin nachhaltig ankurbeln: Technologie und Innovation, ein starker Binnenkonsum und die zunehmende Branchenkonsolidierung“, so Lo. China ist mit Vollgas unterwegs von der exportorientierten zu einer konsum- und innovationsgetriebenen Wirtschaft. Die schiere Größe des Binnenmarktes, hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung und ein riesiger Talentpool von jährlich rund sieben Millionen Hochschulabsolventen unterstützen diesen Wandel. „Wir sehen hohe Wachstumschancen, besonders im Dienstleistungsbereich. Steigende Einkommen, niedrige Haushaltsverschuldung und diversifiziertere Verbraucherprofile stützen diese Entwicklung.“
Dementsprechend ist BNP Paribas Asset Management in China positioniert: Im Portfolio finden sich aktuell gut geführte Branchenführer, etwa aus den Bereichen Technologie und Konsumgüter wie Lebensmittel und Haushaltswaren. Dann Titel, die auch im aktuell unsicheren Marktumfeld widerstandsfähig sind, etwa aus dem Gesundheitswesen. Und schließlich zu nennen sind Aktien rund um Immobilien oder Zement, also Titel, die von den antizyklischen Aufbaumaßnahmen der lokalen Verwaltungen profitieren werden. „Kurz gesagt: Wir glauben, dass China zu groß ist, um es zu ignorieren – auch wenn Investoren die Risiken nicht unterschätzen sollten“, erklärt Lo. Angesichts der Volatilität des Marktes ist es für Anleger von entscheidender Bedeutung, die Ereignisse genau zu beobachten. Neue Bewertungen und Ergebnisse erfordern taktische Portfolioanpassungen. Um die langfristigen Wachstumschancen zu nutzen, bedarf es lokaler Expertise und eines versierten Investmentteams.
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