Gesetzgebungsverfahren zum Finanzanlagenvermittler-Aufsichtsübertragungsgesetz unverzüglich einstellen

 

Der Skandal um Wirecard bedeutet nicht nur einen schweren Schlag für die Aktienkultur in Deutschland, sondern auch einen erheblichen Schaden für die Verbraucher.

Als DAX Wert ist die Wirecard Aktie, nicht nur Bestandteil in diversen ETFs, sondern fand auch bei aktiven Fondsmanagern im erheblichen Maß Berücksichtigung. So sind – oder waren – namhafte Fondsgesellschaften, wie DWS, Union Investment, Black Rock und Morgen Stanley – um nur einige zu nennen – in Größenordnungen beteiligt, die einmal hunderte Millionen Euro wert waren und nun auf ein Zehntel des ursprünglichen Werts zusammengeschrumpft sind. Der Börsenwert des Unternehmens ist vom 17.06. bis zum 22.06.2020 innerhalb von 5 Tagen von knapp 13 Milliarden Euro auf ca. 1,7 Milliarden Euro geschrumpft.

Große Teile dieses Wertverlustes von über 10 Milliarden Euro sind auch von deutschen Anlegern zu beklagen, die in breit gestreuten Aktieninvestmentfonds für ihre Altersvorsorge angelegt haben. Für dieses Debakel gibt es eine Vielzahl von Verantwortlichen.

An der Spitze einen Vorstand, der bestenfalls seine Geschäftsabläufe sowenig im Griff hat, dass er sich um einen Betrag von nahezu 2 Milliarden Euro betrügen lässt, oder aber so kriminell ist, dass es ihm gelingt, die Existenz dieser 2 Milliarden Euro allen anderen vorzugaukeln.

Hinzukommt eine der weltweit größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Bilanzpositionen in dieser Größenordnung offenbar nicht ausreichend hinterfragt und geprüft hat.

Im Fokus steht jedoch insbesondere die BaFin der hier eine besondere Rolle zukommt, da es sich bei Wirecard nicht nur um einen Dax Wert handelt, sondern eine Unternehmensgruppe zu der auch eine von ihr unmittelbar überwachte und kontrollierte Bank gehört und ein Unternehmen, dem eine Vielzahl von Banken Kredite von über 1,5 Mrd. € gewährt haben.

Verantwortung tragen auch die Fondsgesellschaften, bei denen man erwarten dürfte, dass sie ein Unternehmen auf Herz und Nieren prüfen, bevor sie Kundengelder in der Größenordnung von hunderten Millionen Euro investieren.

Bei dem ganzen Szenario ist zu berücksichtigen, dass die Unruhe um die Bilanzen von Wirecard bereits seit über einem Jahr andauern. Der Skandal wirft ein Schlaglicht auf die aktuellen Regulierungspläne des Bundesfinanzministeriums. Anstatt sich Gedanken darüber zu machen, wie derartige Fehlentwicklungen zukünftig verhindert werden können, meinte man, den Verbraucherschutz dadurch zu verbessern, dass man die Aufsichtszuständigkeit über die freien Finanzanlagevermittler ebenfalls auf die BaFin überträgt.

Wenn man sich den Verlauf des Wirecard Skandals und die vorgenannten Verantwortlichen anschaut, zeigt sich überdeutlich, dass eine solche regulatorische Maßnahme nicht geeignet ist, auch nur 1 Euro des eingetretenen Verbraucherschadens zu verhindern. Die Finanzanlagevermittler nach § 34 f GewO haben zu dem Schadenverlauf keinen Beitrag geleistet, sondern tatsächlich Unternehmen die bereits der BaFin Aufsicht unterstanden.

Der Zweifel an der gesetzgeberischen Prioritätensetzung des BMF verstärkt sich, wenn der Bundesfinanzminister der BaFin vorschnell attestiert: „Sie habe ihren Job gemacht.“

Es ist beruhigend, dass der Präsident der BaFin, Felix Hufeld, dies deutlich anders sieht und sich nicht scheut, auch die Verantwortung seiner Einrichtung klar anzusprechen. Seine Sicht, dass es sich bei dem Vorgang um „eine Schande“ und ein „komplettes Desaster“ handelt, ist erfrischend deutlich. Gestützt wird das durch die öffentlich geäußerte Einsicht: „Viele private und öffentliche Institutionen, inkl. meiner eigenen, waren nicht effektiv genug, um so etwas zu verhindern.“ Hufeld ruft dabei nicht nach neuen Gesetzen, sondern einer besseren Anwendung des bestehenden Regelwerks.

Der VOTUM Verband hatte schon nach der Bekanntgabe des Koalitionsvertrages darauf hingewiesen, dass es die BaFin schwächt, wenn man ihr immer wieder neue Aufgaben zuweist und sie nicht in ihren Kernaufgaben stärkt. Unser Kommentar vom 15.02.2018 (https://bit.ly/2YY1TBO) zum Koalitionsvertrag hat daher auch 2,5 Jahre später nicht an Aktualität verloren und der Wirecard Skandal zeigt bedauerlicherweise auf, wie richtig er war. Auch in einer Vielzahl anschließender Stellungnahmen und in der Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages haben wir den falschen Ansatz der Regulierungspläne verdeutlicht.

Es bleibt zu hoffen, dass nunmehr auch im Finanzministerium und bei der SPD die Einsicht wächst, dass man den Verbraucher nicht schützt, wenn man in ein funktionierendes Aufsichtssystem, welches seit Jahren ohne Skandale funktioniert, eingreift, anstatt die BaFin dort zu stärken, wo tatsächlich Milliardenschäden für deutsche Verbraucher drohen und verhindert werden müssen. Das Gesetzgebungsverfahren zum Finanzanlagenvermittler-Aufsichtsübertragungsgesetz ist unverzüglich einzustellen.

 

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