Im Pandemie-Schock beschreibt die Volatilität an den Märkten eine nie gesehene, steile Kurve: Von historisch niedrigen Niveaus 2017 auf ebenso historische Höchststände 2020 – und jetzt wieder steil abwärts.

 

Doch auch wenn die Risikodynamik langsam nachlässt: „Normalität ist für die Märkte noch lange nicht in Sicht, bestenfalls eine Gewöhnung an hohe Volatilitäten“, sagt Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der Quant.Capital Management GmbH. „Zumal Anleger von zwei Risiken in die Zange genommen werden.“

Auch wenn sie bereits zurückgekommen sind: Die realisierten Volatilitäten (30 Tage, annualisiert) im S&P 500 und EuroStoxx 50 sind im langfristigen Vergleich immer noch sehr hoch. So stehen die Volatilitätsmaße beim S&P 500 im 98. Quantil, beim EuroStoxx 50 im 97. Quantil. „Das heißt, dass an 98 und 97 Prozent aller Tage seit 2001 die realisierte Volatilität niedriger lag als derzeit“, sagt Mlinaric. Das macht sich auch an den Optionsmärkten bemerkbar, dort sind die impliziten Volatilitäten weiterhin sehr hoch.

Zwar lässt die Risikodynamik nach, die Kennzahlen bewegen sich aber auf immer noch sehr hohem Niveau. „Eine sinkende Dynamik bedeutet nur, dass sich die Märkte nach dem rasanten Anstieg der Risiken seit Mitte März langsam an dieses Niveau gewöhnen“, sagt Mlinaric. „Sie haben sehr spät reagiert, dann sehr heftig übertrieben und korrigieren diese Übertreibung jetzt teilweise.“ Ähnliches gilt für die Politik: Zunächst wurde abgewartet, ob der Kelch nicht vorübergehe. „Dann aber wurde alles aufgefahren, was an Instrumenten zur Verfügung steht“, so Mlinaric.

Mit der Folge, dass die meisten Risikomärkte seit ihren jüngsten Tiefstständen stark gestiegen sind. Bewertungsadjustiert bewegen sich einige Aktienmärkte wieder entlang historischer Höchststände – und das in Zeiten der Pandemie, der steigenden Arbeitslosigkeit, der reduzierten Gewinnerwartungen. Allein die Fed hat seit Mitte März ihre Bilanz um etwa zehn Prozent des nationalen BIP ausgeweitet, die Zinsen sind historisch niedrig, bei der Größe der Hilfspakete übertrumpfen sich die Staaten gegenseitig. Erneut gilt angesichts derart weit geöffneter Geldschleusen: There is no alternative. Das billige Geld treibt die Kurse schon wieder.

Die Aktienmärkte befinden sich an einem Scheitelpunkt. Die meisten Fondsmanager in den USA haben sehr hohe Cash-Quoten in ihren Portfolien. Und die Fed ist mit dem Gelddrucken noch nicht am Ende. „In diesem Umfeld ist die Chance groß, dass die Aktienkurse ausgehend von den USA weiter angetrieben werden“, sagt Mlinaric. Die Realwirtschaft sieht sich derweil massiven Gewinnrückgängen und einer echten Absatzkrise gegenüber. „Diese Spannung erreicht gerade einen Höhepunkt“, sagt Mlinaric. Institutionelle Portfolien müssen nun mit zwei Gefahren umgehen: einerseits den möglichen Aufschwung zu verpassen, andererseits in eine Solvenzkrise hineinzuschlittern.

 

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