Die Auswirkungen der Coronakrise treffen nahezu alle Bereiche der deutschen Wirtschaft. Finanzexperten sind sich einig, dass es dieses Jahr eine Rezession geben wird – die Frage ist nur noch, wie stark sie ausfällt.
Aktuell ist die Lage unübersichtlich, denn Informationen der Virologen, politische Entscheidungen und wirtschaftliche Entwicklungen ändern sich schnell. Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender von Dr. Klein, beantwortet drei Fragen zur aktuellen Situation.
- Welche Auswirkungen hat die Coronakrise auf die Entwicklung der Immobilienpreise?
Ich gehe davon aus, dass die derzeitige Situation den Anstieg der Immobilienpreise dämpfen wird, da ein Rückgang der Nachfrage zu erwarten ist: Weniger Menschen werden in der nächsten Zeit berufsbedingt umziehen oder von außerhalb Deutschlands zuziehen. Und einige werden sicherlich die wirtschaftliche Entwicklung abwarten, bevor sie eine so große Investition wie die in eine eigene Immobilie tätigen. Allerdings dürfte der Wunsch nach den eigenen vier Wänden bestehen bleiben und nur die Umsetzung verschoben werden. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Auswirkungen auf den Markt nur vorübergehend sind und es zu einem späteren Zeitpunkt einen „Nachholeffekt“ geben wird.
Auch kurzfristig erwarte ich trotz schwächerer Nachfrage keine Preisrückgänge, sondern lediglich schwächer steigende Preise oder eine Stagnation. Grund dafür ist, dass zusammen mit der Nachfrage gleichzeitig das Angebot zurückgehen wird: Viele, die nicht darauf angewiesen sind, aktuell jemanden für ihre Immobilie zu finden, halten sich zurück – schon allein, um persönliche Besichtigungstermine zu vermeiden. Die Preissteigerung wird also gedämpft, aber von einer deutlichen Entspannung der Situation für Suchende würde ich nicht ausgehen.
2: Was sollte jemand tun, der dieses Jahr eigentlich bauen oder kaufen wollte?
Die Antwort auf diese Frage ist sehr individuell, denn es hängt stark von der persönlichen Situation und der Betroffenheit durch die Krise ab. Für alle, die sich in einer soliden finanziellen Position befinden, sehe ich keinen Grund, einen geplanten Kauf zu verschieben. Eher im Gegenteil: Der enorm hohe Druck auf dem Immobilienmarkt, den wir in den vergangenen Jahren gesehen haben, nimmt durch die Krise etwas ab. Sowohl Makler als auch Notare arbeiten zum großen Teil weiter und auch die Finanzierung lässt sich problemlos abwickeln – bei Bedarf auch vollständig digital. Die Beratung bei uns findet derzeit per E-Mail, Telefon oder Video statt und benötigte Unterlagen lassen sich ganz einfach über unser Kundenportal hochladen. Im Neubau-Bereich sieht es allerdings etwas schwieriger aus. Viele Fachkräfte kommen aus dem Ausland und durch die Beschränkungen fehlen daher zum einen die Arbeitskräfte und zum anderen deuten sich bereits Engpässe bei der Materialbeschaffung an. Das bremst natürlich die Bauvorhaben. Außerdem können Genehmigungsverfahren zurzeit nicht optimal bearbeitet werden. Jetzt mit einem Bauvorhaben beginnen, sollte daher nur, wer sich dessen bewusst ist und auch einen Zeitraum, in dem der Bau unterbrochen werden muss, überbrücken kann. Sowohl beim Kauf als auch beim Bau gilt ganz allgemein: Die Baufinanzierung sollte nicht auf Kante genäht sein. Es ist in jedem Fall wichtig, mit ausreichenden Rücklagen zu planen. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, die Option eines Tilgungssatzwechsels in den Darlehensvertrag aufzunehmen. Damit lässt sich die monatliche Rate reduzieren, falls dies beispielsweise aufgrund von Kurzarbeit nötig werden sollte.
- Was bedeutet das gerade beschlossene „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie“ für Mieter, Vermieter und Eigenheimbesitzer?
Bundestag und Bundesrat haben in der vergangenen Woche den Entwurf des „Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ angenommen. Wer wegen der Coronakrise in Geldnot geraten ist, kann nun zahlreiche Rechnungen und fällige Zahlungen im Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 ohne Konsequenzen aussetzen. Dadurch werden unter anderem Mieter geschützt, denen wegen Zahlungsrückständen nun nicht mehr gekündigt werden kann, wenn die Rückstände auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruhen. Außerdem lassen sich die monatlichen Raten von Verbraucherdarlehensverträgen stunden. Dies betrifft auch Eigenheimbesitzer, die ein laufendes Baudarlehen abzahlen. Privatvermieter, die aufgrund von Mietausfällen unter Umständen selbst in Not geraten, können daher auch prüfen, ob sie ihrerseits die Zahlung des Baudarlehens aussetzen können. Ganz wichtig ist allerdings, dass niemand einfach aufhören kann, seine Rate zu zahlen, sondern immer zunächst auf seine Bank oder seinen Berater zugeht. Die Kunden müssen nachweisen, dass sie aufgrund der COVID-19-Pandemie Einnahmeausfälle in solcher Höhe haben, dass die Zahlung der monatlichen Rate den angemessenen Lebensunterhalt gefährden würde. Wichtig zu wissen ist auch, dass die Zins- und Tilgungsleistungen nur gestundet und nicht erlassen werden. Der Darlehensvertrag verlängert sich in der Regel um den Zeitraum der Stundung.
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