Die großen Liquiditätspolster der offenen Immobilienfonds waren in den vergangenen Jahren eine Bürde für die Rendite dieser Produkte. In der Corona-Krise sind die aktuell mehr als 20 Mrd. Euro Cash hingegen ein Stabilitätsanker.
Für Manager offener Immobilienfonds war es in den vergangenen Jahren eine Herausforderung, die Liquiditätsquoten nicht zu stark anschwellen zu lassen. Dies ist ihnen im vergangenen Jahr auch gelungen. Ende 2019 betrug die Liquiditätsausstattung der Fonds im gewichteten Durchschnitt rund 20%. Das ist nahezu das gleiche Niveau wie zum Ende des Vorjahres. Auch in den vergangenen von der Corona-Krise dominierten Wochen gab es nach Angaben der Asset Manager bisher keine außergewöhnlichen Mittelabflüsse. Zahlreiche Fonds haben selbst in den vergangenen Wochen Netto-Mittelzuflüsse erzielt (Stand: 17.03.2020).
Ein wesentlicher Grund dafür ist die mit dem KAGB im Jahr 2013 eingeführte Mindesthaltedauer von zwei Jahren und die einjährige Kündigungsfrist. Fonds, die ab 2013 aufgelegt wurden, haben ausschließlich Anleger, die diesen gesetzlichen Regelungen unterliegen. Und auch die älteren Fonds – zu denen sämtliche Schwergewichte zählen – haben mittlerweile fast alle zu mehr als 50% Anleger, die diesen Regelungen unterworfen sind. (Hinweis: Anleger, die vor dem 22. Juli 2013 in offene Immobilienfonds investierten, können bis zu 30.000 Euro pro Halbjahr ohne Fristen abziehen.)
Ein weiterer Grund für die Stabilität der Mittelbewegungen: Der Anteilwert offener Immobilienfonds reagiert deutlich weniger volatil als zum Beispiel die Kurse von Aktienanlagen. Für diese Stabilität ist unter anderem die konservative Bewertungspraxis der deutschen Immobiliengutachter verantwortlich. Sie stellt auf nachhaltig erzielbare Werte ab und glättet damit Marktausschläge nach oben und unten.
Ausblick: In den ersten zwei Monaten dieses Jahres haben die Fonds, die überhaupt Anlegergelder annehmen, erneut enorme Mittelzuflüsse erhalten. In den vergangenen Wochen haben sich die Mittelzuflüsse jedoch reduziert. Diese Verlangsamung der Zuflüsse wird sich nach Ansicht von Scope in den folgenden Monaten fortsetzen. In Anbetracht der massiven Cash-Positionen der meisten Fonds sind Liquiditätsprobleme kurzfristig aber nicht zu erwarten. Allerdings werden sich die Fondsmanager nach Einschätzung von Scope bei Investitionen in neue Objekte vorerst zurückhalten.
Die Analysten von Scope stehen mit den Managern der von ihnen bewerteten Fonds in regelmäßigem und engem Austausch und werden die weiteren Mittelbewegungen der offenen Immobilienfonds stetig beobachten.
Analyse zum Stand Ende 2019: Liquiditätsquoten stabil auf hohem Niveau
Die Ratingagentur Scope hat die Mittelzuflüsse und Liquiditätsquoten von 20 offenen Immobilienpublikumsfonds zum Stand 31.12.2019 im Detail untersucht. Die betrachteten Fonds verwalten rund 100 Mrd. Euro. Das Ergebnis: Trotz hoher Netto-Mittelzuflüsse von rund 10 Mrd. Euro im Jahr 2019 hat sich die durchschnittliche nach Fondsvermögen gewichtete Liquiditätsquote kaum verändert. Sie betrug zum Ende des vergangenen Jahres 20,2%. Ein Jahr zuvor waren es 20,3%.
Zurückzuführen ist die Stabilität der Liquiditätsquote vor allem auf weiterhin effektive Liquiditätssteuerung – gegenwärtig arbeiten neun der 20 Fonds mit Kontingentierungen und sind damit nur eingeschränkt investierbar – und rege Investitionsaktivitäten.
grundbesitz europa mit dem stärksten Anstieg der Liquiditätsquote
Zwei der vier Fondsschwergewichte am Markt mit einem Volumen von mehr als zehn Milliarden Euro weisen Liquiditätsquoten von mehr als 20% auf: UniImmo: Deutschland (24,3%) und Deka-ImmobilienEuropa (21,1%). Die beiden anderen Schwergewichte folgen mit 19,1% (hausInvest) und 16,8% (UniImmo: Europa).
Mit einem signifikanten Nettomittelaufkommen in Höhe von rund 2 Mrd. Euro verbuchte 2019 der grundbesitz europa den stärksten Anstieg bei den Liquiditätsquoten – von 22,5% auf 29,7%. Der Grund: Der Fonds ist einer der wenigen, der Anlegern im vergangenen Jahr durchgehend für Investitionen zu Verfügung stand.
Den stärksten Rückgang der Liquiditätsquote unter den großvolumigen Fonds verzeichnete der Deka-ImmobilienGlobal mit vier Prozentpunkten (von 21,4% auf 17,4%).
Netto-Mittelzuflüsse trotz Reglementierung des Vertriebs auf Rekordniveau
Offene Immobilienfonds genossen bei deutschen Anlegern im Niedrigzinsumfeld weiter hohe Attraktivität. Die durchschnittliche Performance der Fonds betrug im vergangenen Jahr 3,1% – und damit lag sie deutlich über dem Niveau, das sich mit Staatsanleihen oder Termingeldern erzielen lässt. (Siehe dazu auch Scope Report: Renditedifferenz zur Staatsanleihe auf Rekordniveau)
Diese relative Attraktivität war ein wesentlicher Grund für die hohen Zuflüsse, die sich 2019 für sämtliche aktiven offenen Immobilienfonds mit netto 10,3 Mrd. Euro auf einem deutlich höheren Niveau als in den Vorjahren (2018: 6,4 Mrd. Euro; 2017: 6,6 Mrd. Euro) befanden.
Den höchsten Netto-Mittelzufluss hatte 2019 der UniImmo: Wohnen ZBI mit insgesamt 2,2 Mrd. Euro, gefolgt von grundbesitz europa und hausInvest mit 1,9 Mrd. bzw. 1,4 Mrd. Euro. Diese drei Fonds vereinen mit rund 5,5 Mrd. Euro bereits über die Hälfte der gesamten Netto-Zuflüsse auf sich.
Zwar verzeichnete der hausInvest 1,4 Mrd. Euro Netto-Mittelzuflüsse, die Liquiditätsquote reduzierte sich jedoch leicht von 21,9% im Jahr 2018 auf 19,1% zum Ende Jahr 2019. Die Gründe: der hausInvest hatte im Jahr 2019 ein sehr hohes Ankaufsvolumen – u.a. erwarb der Fonds das „Millenium Portfolio“ von der Generali Lebensversicherung AG, bestehend aus 49 deutschen Immobilien.
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