Anleihekäufer kennen keine Angst mehr: Spreads von Unternehmensanleihen sind in dieser Woche auf Zehnjahrestiefs gefallen.
Anleger scheinen bei Unternehmen kaum noch Bonitätsrisiken zu sehen. Nach den Aktienmärkten heißt das also: Alle Ampeln auf Grün – auch an den Rentenmärkten. „Das aber ist nur ein Teil der Wirklichkeit“, sagt Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der Quant.Capital Management GmbH.
„Wir bewegen uns nun schon seit vielen Wochen in diesem Regime niedriger Risiken“, sagt Mlinaric. „Besonders sichtbar wird das im Rahmen unseres Risikomodells.“ Beispiel Schwellenländer-Aktien: „Zwischen dem niedrigsten gemessenen Wert und dem höchsten gemessenen Wert lagen in unserem Risikomodell in den vergangenen drei Monaten gerade einmal zwei Prozentpunkte. Historisch ist das extrem wenig. Typisch wären Ausschläge zwischen fünf und sechs Prozentpunkten“, so Mlinaric. „Dass das Modell über viele Wochen solche niedrigen Werte über fast alle Märkte misst, ist außergewöhnlich.“ Vor allem die Sicht auf die Rentenmärkte sei bemerkenswert.
Spreads drücken aus, wie Marktteilnehmer die Bonitätsrisiken der Unternehmen einschätzen. Sie zeigen damit auch, wie die Auswirkungen der zukünftigen konjunkturellen Entwicklung auf die Ertragslage der Unternehmen eingeschätzt werden. Mlinaric: „Einfach gesagt, je höher die Spreads, desto mehr Sorge haben Anleger vor einer Konjunkturschwäche.“ Nun zeigt der Vergleich der Spreads verschiedener Märkte mit ihren eigenen historischen Werten: Fast alle analysierten Marktsegmente weisen kurzfristig und im langjährigen Vergleich Tiefststände auf.
Grafisch wird abgebildet, in welchem Perzentil der aktuelle Wert innerhalb der jeweiligen Historie von ein oder zehn Jahren liegt. „Der Gleichlauf über mehrere Risikoklassen und Regionen ist beeindruckend“, sagt Mlinaric. „Dies ist ein klares Signal dafür, dass die Angst der Anleihekäufer vor einer konjunkturellen Delle derzeit schwindet“, fasst Mlinaric die gängige Interpretation zusammen. „Angesichts der extrem niedrigen Zinsen ist es aber auch möglich, dass dies nur ein Ausdruck der Alternativlosigkeit am Markt ist. Und das wäre kein gutes Zeichen.“
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