Versicherungsvermittler werden auch in der Niedrigzinsphase ihrem sozialpolitischen Auftrag gerecht
Die BaFin hat heute ihre Meldung zu den abgefragten Provisionszahlen für das Neugeschäft im Jahr 2018 veröffentlicht. Die Auswahl der veröffentlichten Zahlen und ihre Interpretation führt, wie so häufig, zu einer vorschnellen Meinungsmache, die auch bei Institutionen, von denen man höheren wirtschaftlichen Sachverstand erwartet hätte, wie etwa dem Handelsblatt, zu redaktionellen Kurzschlüssen in der Qualität: „Versicherungsmakler kassieren üppige Provisionen“ führen.
Die Steigerung des Neugeschäfts in der Lebensversicherung um 3,6 % gegenüber dem Vorjahr ist erfreulich und zeigt, dass die Versicherungsvermittler auch in der Niedrigzinsphase ihrem sozialpolitischen Auftrag nachkommen und die Altersvorsorge breiter Personengruppen sichern. Dies erfolgt in Zeiten, in denen auch Teile der Politik durch Meinungsäußerungen leichtfertig zur Verunsicherung der Bürger beigetragen haben.
Eine Interpretation des veröffentlichten Zahlenmaterials allein auf Basis der wenigen von der BaFin mitgeteilten Eckdaten ist seriös nicht möglich. Hierzu bedarf es eines deutlich tieferen Einblicks in die Zahlen. Die BaFin hat hier – entgegen der zitierten Überschrift – keine Differenzierung der Provisionen nach Vertriebswegen vorgenommen und Provisionszahlungen an Versicherungsmakler nicht gesondert ausgewiesen. Sie spricht allgemein von Provisionszahlungen an Versicherungsvermittler.
Ein Rückschluss darauf, dass Versicherungsmakler besonders „üppige“ Provisionen kassieren ist daher gänzlich verfehlt.
Die BaFin teilt mit, dass der durchschnittliche Provisionssatz für kapitalbildende Lebensversicherungsprodukte bei 3,25 % liegt. Dies ist deutlich unter dem beabsichtigten Deckel in Höhe von 4 % und zeigt, dass eine gesetzgeberische Maßnahme in diesem Versicherungsbereich nicht erforderlich ist. Gesonderte Angaben zum problematischen Bereich der Restschuldversicherung werden durch die BaFin nicht getätigt. Hier ist jedoch aufgrund des mitgeteilten Gesamtdurchschnitts von 3,82 % von höheren Provisionssätzen auszugehen. Diese werden jedoch ausschließlich an Banken gezahlt, da Makler in diesem Marktsegment nicht tätig sind.
Auch die holzschnittartige Interpretation, dass ein Versicherungsvermittler, der für den Abschluss einer Lebensversicherung 2,5 % Provision erhält, für die Kostenbelastung der Versicherung, und daher auch für die mögliche Überschussbeteiligung der Kunden, immer besser ist, als ein Versicherungsmakler, der hierfür bspw. 4,5 % erhält, ist allzu einfach.
Wenn eine Versicherungsgesellschaft an einen Versicherungsmakler oder Mehrfachagenten 4,5 % Provision für die Vermittlung einer Lebensversicherung bezahlt und darüber hinaus keine weiteren Leistungen an diese Vermittler erbringt, so kann dies hinsichtlich der entstehenden Abschlusskosten deutlich günstiger sein, als die Zahlung von 2,5% an einen Ausschließlichkeitsvermittler, dem sie darüber hinaus laufend ein vollständiges Backoffice mit Büro, EDV-Ausstattung und Personal finanziert und diesen dann auch noch mit Marketingmaßnahmen in der Kundenwerbung unterstützt.
Hier bedarf es eines deutlich differenzierteren Blickes auf das Thema Provision hinsichtlich der einzelnen Vertriebsformen. Die Formel, niedrige Provision gleich niedrige Abschlusskosten, geht gerade in der heutigen Zeit nicht auf, da Abschlusskosten nicht nur für Provisionen an die Vermittler aufgewandt werden, sondern im erheblichen Maß auch für die Kundengewinnung bspw. über digitale Plattformen.
Auch das von BaFin Exekutiv Direktor Dr. Frank Grund geäußerte Bedauern hinsichtlich der geringfügigen Verschiebung der Anteile von sofortigen Provisionszahlungen und aufgeschobenen Provisionszahlungen ist allzu oberflächlich. Hierbei wird nicht berücksichtigt, dass auch sofortige Provisionszahlungen im Bereich der Lebensversicherung, anders als etwa Provisionen für die Vermittlung von Investmentfondsanteilen oder einer Immobilie, grundsätzlich einer gesetzlichen Rückzahlungspflicht unterliegen. Sie sind ganz oder anteilig zurückzuzahlen, wenn es zu einer vorzeitigen Stornierung des Versicherungsvertrages innerhalb der ersten 5 Jahre kommt. Diese gesetzlichen Stornohaftungszeiten wurden darüber hinaus von vielen Versicherungsgesellschaften auf Zeiträume von bis zu 10 Jahren ausgedehnt. Dieses Risiko, für eine bereits erbrachte Beratungs- und Vermittlungstätigkeit, noch Jahre später die empfangene Vergütung zurückzahlen zu müssen, besteht ausschließlich bei Versicherungsvermittlern und findet sowohl in der BaFin Untersuchung als auch in der Interpretation der Zahlen keinerlei ausreichende Berücksichtigung. Letztendlich wird jede sofortige Provisionszahlung erst durch einen über 5 Jahre bestehenden Versicherungsvertrag verdient.
Unterschiedliche Provisionshöhen sind auch durch unterschiedliche Beratungssituationen und Produktgestaltungen bedingt.
So erfolgt etwa in der betrieblichen Altersvorsorge nicht notwendigerweise eine individuelle Beratung jedes Arbeitnehmers, sondern dieser wird, insbesondere bei durch den Arbeitgeber finanzierten Leistungen, häufig automatisch mit Versicherungsschutz bedacht. Der Abschluss solcher Verträge erfolgt daher auch mit niedrigen Provisionen unterhalb 2,5 %.
Bei der individuellen Beratung eines Versicherungsnehmers zu einem komplexen Produkt, bei dem, in der bestehenden Niedrigzinsphase, insbesondere das Austarieren des Garantieniveaus entscheidend ist für die Kundenrendite, wird für eine qualitativ hochwertige Leistung auch ein höherer Provisionssatz gewährt. Dies entspricht marktwirtschaftlichen Mechanismen.
Wenn die BaFin bei der Auswertung ihrer Zahlen zu dem Ergebnis gekommen ist, dass einzelnen Vermittlern übermäßige Provisionen von über 7 % gewährt worden, so hat sie nunmehr die Möglichkeit, diesbezüglich auf Basis des § 48 a VAG auf die einzelnen Versicherungsgesellschaften zuzugehen und eine Abstellung dieser festgestellten Missstände einzufordern.
Eine Grundlage für die Forderung nach einem Provisionsdeckel ergibt sich aus den mitgeteilten Zahlen tatsächlich nicht. Es ist und bleibt nicht Sache des Gesetzgebers, in einer sozialen Marktwirtschaft, die aus seiner Sicht vermeintlich korrekten Preise für die Vergütung einer Dienstleistung festzulegen.
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