Von Olivier de Berranger, Chief Investment Officer, La Financière de l‘Echiquier

 

China steht derzeit im Mittelpunkt der Sorgen um die Weltwirtschaft: Wird das Wachstum des Landes dem von US-Präsident Donald Trump erklärten Handelskrieg standhalten? Sollte China auch nur annähernd standhalten, wird diese Konfrontation mit den USA im Kampf um die Vorherrschaft im 21. Jahrhundert einen entscheidenden Erfolg darstellen. Die USA wiederum dürften ihren gnadenlosen Krieg dann bitter bereuen. Falls China nicht standhält, wird es sowohl die europäische als auch die amerikanische Wirtschaft mit nach unten ziehen, wie Konjunkturdaten erahnen lassen. Der Westen wird bei diesem Konflikt, der sich bisher glücklicherweise vor allem, aber nicht ausschließlich, auf den Handel beschränkt, ebenfalls nichts gewinnen können.

China ist aber nicht allein Quell der Sorge. Ganz im Gegenteil ist das Land auch eine Quelle der Inspiration für jene, die das Rätsel des Börsenjahres 2019 verstehen wollen, in dem fast alle Märkte kräftig zulegten, obwohl sich die weltweite Wirtschaftsaktivität unablässig verlangsamte.

Denn China lehrt die Einheit von Yin und Yang: Das eine bedingt das andere und umgekehrt. Bis ins Unendliche. Überträgt man dies auf die Börse, bewirkt der Rückgang der weltweiten Aktivität immer stärkere Anreize seitens der Zentralbanken. Letztere schaffen für die Industrieländer die Möglichkeit, sich zu geringen Kosten und sogar mit Gewinn zu verschulden und so die Aktivität durch neue Haushaltsdefizite anzukurbeln, die auf lange Sicht in der Regel das Wachstum abwürgen und, wie das Beispiel Japan zeigt, die Inflation ersticken. Dies erfordert dann wieder neue geldpolitische Lockerungsmaßnahmen und so weiter und so fort.

Die Börsen sind ganz versessen auf geldpolitische Anreize. Daher folgte auf das Yin der schlechten Konjunkturdaten in der vergangenen Woche – die ISM-Erhebung für das US-Dienstleistungsgewerbe zeigte für September einen deutlichen Rückgang von 56,4 auf 52,6 – das Yang mit einem Anstieg der US-Aktienkurse. Dies ist auch der Grund, warum das vom US-Präsidenten attackierte China aus dem aktuellen Konflikt als Sieger hervorgehen wird. Die USA treffen China beim Export, zwingen es hierdurch jedoch, den Wandel zu einer konsumorientierten und somit weniger vom US-Zyklus abhängigen Gesellschaft zu beschleunigen.

Es ist sogar vorstellbar, dass China die nachweisliche Schwäche des US-Zyklus nutzt, um die Oberhand zu gewinnen. Während Donald Trump eine deutliche Abkühlung in den USA infolge des Handelskrieges fürchten muss, steht für Xi Jinping kein Wahltermin an. Die Zeit arbeitet für ihn.

Dies ist auch der Grund, warum insbesondere am heimischen Markt notierte chinesische Aktien derzeit eine exzellente langfristige Anlagechance darstellen könnten, während US-Aktien relativ teuer sind.

Mit China als Inspiration hätte Donald Trump seine Art of the Deal durch die Kunst des Dao gewiss bereichern können.

 

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