1.830 Euro. So hoch ist der Eigenanteil, den Pflegebedürftige und ihre Angehörigen für vollstationäre Pflege im Bundesdurchschnitt berappen müssen. Und das pro Monat.

 

Diese Summe, die der Verband der Ersatzkassen (VDEK) berechnet hat, dürfte viele Bürger verwundern, vermutlich sogar erschrecken. „Die Erfahrungen aus unserem Beratungsalltag zeigen, dass nur die wenigsten Verbraucher wissen, was an Pflegekosten auf sie zukommen kann“, erläutert Professor Dr. Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des Financial Planning Standards Board Deutschland e.V. (FPSB Deutschland). Qualifizierte Beratung ist bei dem komplexen Thema entsprechend wichtig. Einen Beitrag zu mehr Informationen zu solchen und ähnlichen Themen leistet der internationale Dachverband der CERTIFIED FINANCIAL PLANNER®-Professionals, der FPSB Ltd, zu dem auch der FPSB Deutschland gehört. Er veranstaltet die World Investor Week, bei der Verbraucher der Nutzen einer langfristigen Finanzplanung nahegebracht und Finanzwissen vermittelt werden soll.

Die beschriebene Unwissenheit vieler Bürger hat zur Folge, dass immerhin 43 Prozent der Bevölkerung glaubt, dass die gesetzliche Pflegeversicherung die Kosten für einen vollstationären Pflegeplatz in voller Höhe übernimmt. So jedenfalls ist das Ergebnis einer aktuellen Emnid-Umfrage im Auftrag der Postbank. Doch das ist ein Irrglaube. Denn die Leistungen aus der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung reichen dazu bei weitem nicht aus. Noch problematischer: Reicht das Geld des Pflegebedürftigen nicht aus, dann müssen Kinder für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt dies in Paragraf 1601: „Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren“, heißt es dort. Und nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe gilt das sogar in Fällen, wenn der Kontakt längst abgebrochen ist. Immerhin hat der Gesetzgeber jetzt im neuen Entlastungsgesetz, das 2020 in Kraft treten soll, vorgesehen, dass auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen Eltern künftig erst ab einem Einkommen in Höhe von mehr als 100 000 Euro im Jahr zurückgegriffen wird.

Tatsächlich zeigt die Praxis, dass häufig ein Großteil der anfallenden Kosten für Pflegeleistungen von den Betroffenen selbst beziehungsweise von deren Familienangehörigen bestritten werden müssen. Hinzu kommen oft weitere finanzielle Erfordernisse, wie etwa für eine Unterbringung im Heim, Aufwendungen für Mobilität oder Umbaumaßnahmen der Wohnung. Welche enormen Kosten auf die Familienangehörigen zukommen können, hat der FPSB Deutschland einmal ausgerechnet: Bei einem Eigenanteilssatz von monatlich 1.800 Euro für ein Pflegeheim (die gesetzliche Pflegeversicherung bereits berücksichtigt) in der Pflegestufe II ist noch lange nicht Schluss. Denn bei diesen Kosten handelt es sich um die reinen Unterbringungskosten. Aufwendungen für Mobilität, Medikamentenzuzahlungen und soziales Leben sind noch zu addieren, so dass von einem Durchschnittswert von mindestens 2.500 Euro monatlich ausgegangen werden sollte.

Das bedeutet, dass eine durchschnittliche Pflegezeit von sieben Jahren – Tendenz steigend – schnell zu Aufwendungen in Höhe von 210.000 Euro führt. Um über diese Summe zu verfügen, müssten – bei einer Rendite nach Kosten, Steuern und Inflation von drei Prozent – erhebliche Sparleistungen erbracht werden. Ein 40-Jähriger zum Beispiel muss pro Monat 360 Euro ansparen beziehungsweise einmalig 86.500 Euro aufbringen. Bei einer 50-jährigen Person wären es bereits 640 Euro monatlich beziehungsweise einmalig 116.300 Euro. Die Rechnung berücksichtigt nicht, dass die Teuerungsrate im Bereich Pflege und Gesundheit bedeutend höher ausfällt als die ausgewiesene Gesamtinflation. Aus diesem Grund sind die genannten 210.000 Euro ein Minimalwert.

Zahl der Pflegedürftigen wächst weiter

Klar ist, dass das Thema Pflegekosten weiter an Bedeutung zunehmen wird. Denn Berechnungen der Bertelsmann Stiftung zufolge wird die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit rund drei Millionen Menschen bis zum Jahr 2045 auf fünf Millionen Menschen anwachsen. Weil angesichts der steigenden Zahlen ein weiterer Anstieg des Beitrags zur gesetzlichen Pflegeversicherung wahrscheinlich ist, dürfte auch der Eigenanteil im Pflegefall tendenziell eher ansteigen.

Damit es also nicht ein böses Erwachen gibt, sollte sich jeder frühzeitig mit dem Thema Pflege auseinandersetzen. Denn ob jung oder alt, die meisten Deutschen übersehen die enormen finanziellen Belastungen, die sich aus einer Pflegesituation ergeben können. Und Pflegebedürftigkeit ist keine Frage des Alters. Unfälle oder Erkrankungen können jeden treffen. Professionelle Finanzplaner geben Auskunft darüber, wie man sich und seine Familie richtig absichern kann und welche Produkte welche Vorteile bieten. Außerdem können die Experten die möglichen Unterhaltspflichten für Kinder und Eltern abschätzen und organisatorisch begleiten.

„Ein wesentlicher Aspekt der individuellen Finanzplanung ist auch das Durchspielen möglicher Risikoszenarien und deren Auswirkungen auf die Vermögenssituation“, erläutert Tilmes. Zum Beispiel werden inflationäre Entwicklungen oder finanzielle Aufwendungen bei einer möglichen Pflegebedürftigkeit simuliert.

Damit solch häufig ignorierte Themen wie Pflegerisiken in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit an Bedeutung gewinnen, setzt sich der FPSB Deutschland seit langem für mehr Aufklärung und Finanzbildung ein. „Das Engagement für mehr Finanzwissen und eine qualitativ bessere Finanzberatung im Kundeninteresse zählt zu den Hauptzielen des FPSB Deutschland“, betont Prof. Tilmes.

 

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