Lebensversicherungsverträge sollen nicht mehr wie Ware verkauft werden
Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) und der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW e.V. haben heute in einer Pressekonferenz ihr gemeinsames Eckpunktepapier vorgestellt. Darin fordern der BdV und der AfW, dass die Versicherten im Falle eines Run-Offs ein faires Wechselrecht bekommen, ohne auf Gelder verzichten zu müssen, die ihnen eigentlich zustehen. „Wir erwarten nach dem Generali-Deal weitere Run-Offs und damit viele Millionen weiterer Betroffener“, so BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein. „Mit einem fairen Übertragungswert unter Berücksichtigung der ausstehenden Abschlusskosten kann das Know-How der qualifizierten, unabhängigen Vermittler genutzt werden, um die besten Lösungen für die Versicherten bei einem Run-Off zu finden“, unterstreicht Norman Wirth, Vorstand des Maklerverbandes AfW.
4 Millionen Kundinnen und Kunden sind allein bei der Generali von einem Run-Off betroffen. „Verbraucherinnen und Verbraucher haben ihre Lebensversicherungen regelmäßig im Vertrauen auf die Stabilität der gewählten Versicherungsgesellschaft abgeschlossen und werden jetzt reihenweise enttäuscht. Wie schon der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag Ralph Brinkhaus treffend bemerkte, schadet das der ganzen Versicherungsbranche, auch wenn es bisher nur einzelne Versicherer sind, die diesen Weg gehen“, äußert sich AfW-Vorstand Norman Wirth.
Eine normale Kündigung kommt dabei oft nicht in Frage, da dann zum Beispiel der wichtige Versicherungsschutz verloren geht. „Versicherte brauchen eine Möglichkeit, auch bei einem Wechsel den Todesfall- oder Invaliditätsschutz weiter behalten zu können,“ ergänzt Kleinlein. Das von BdV und AfW vorgestellte Konzept ermöglicht dies. „Es geht darum, die Würde der Versicherten als Kundinnen und Kunden zurückzuerlangen, nachdem sie zuvor zur Ware degradiert wurden“, so Kleinlein.
Gegen eine normale Kündigung spricht auch, dass den Kund*innen wichtige weitere Reserven verloren gehen. Versicherungsmathematiker Kleinlein erläutert: „Bei einer Kündigung behält das Unternehmen viel Geld, das als noch nicht ausgeschüttete Überschüsse in zusätzlichen Reservetöpfen schlummert. Auch in den Bewertungsreserven und den Zinszusatzreserven liegen derzeit Milliarden, die den kündigenden Versicherten vorenthalten werden können“. Ein weiterer Posten sind noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten. „Durch die Weitergabe der ausstehenden Abschlusskosten könnte das neue Versicherungsunternehmen die Möglichkeit erhalten, einen Berater, der den Vertrag zugeführt hat, zu honorieren. Aber auch alternative Vergütungsmodelle wären denkbar,“ ergänzt Wirth vom AfW.
Beide Verbände sind sich daher einig, dass es eine Lösung zur Stärkung der Rechte der Versicherten, zur Stärkung des Wettbewerbs in der Versicherungswirtschaft und zur Stärkung der unabhängigen Vermittler und Berater braucht. Denn vom Run-Off betroffene Versicherungsnehmer*innen müssen hinnehmen, dass ihre Verträge von einem Versicherungsunternehmen weiterverwaltet werden, das keinem Wettbewerb mehr ausgesetzt ist. Kleinlein: „Die aktuellen Erfahrungswerte dokumentieren, dass diese Verträge schlechter bedient werden – ob nun in Sachen Service, Leistungen oder Überschussbeteiligung – diese Ungerechtigkeit muss ein Ende haben.“
Das Forderungspapier zeigt die Lösung: Ein außerordentliches Wechsel- und Kündigungsrecht. Dieses Recht führt dazu, dass der Vertrag entweder vollumfänglich an ein neues Versicherungsunternehmen weitergereicht wird oder dass der Vertrag gekündigt werden kann, wobei der Run-Off-Übertragungswert ausgekehrt wird.
„Ein solches Wechsel- und Kündigungsrecht führt zum Bespiel dazu, dass Verträge, die ansonsten nur durch Kündigung beendet werden könnten, leichter und wirtschaftlich vorteilhafter fortgesetzt werden. Und es entsteht ein Wettbewerb zwischen Run-Off-Plattformen untereinander und mit anderen Versicherungsunternehmen, die die Verträge aufnehmen wollen,“ nennt Kleinlein einige Vorteile. Alle Forderungen des BdV und des AfW können hier eingesehen werden.
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