Die Mehrheit der Selbständigen hat Angst um die finanzielle Absicherung im Alter, insbesondere Frauen
Neun von zehn Selbständigen und Freiberuflern in Deutschland würden sich auch heute wieder selbständig machen. Und fast die Hälfte unter ihnen will auch nach dem Verkauf der eigenen Firma weiterhin selbständig tätig bleiben (47 %). Auf der anderen Seite machen sich fast zwei Drittel der Selbständigen Sorgen um ihre finanzielle Absicherung im Alter (62 %). Unter selbständigen Frauen spricht sogar jede Fünfte von „sehr großen Sorgen“. Verkaufserlöse für die eigene Firma spielen in diesem Zusammenhang keine große Rolle. So betreiben viele Unternehmer gar keine Verkaufsplanungen oder wünschen sich die Weitergabe innerhalb der Familie, 28 % würden ihre Firma sogar innerhalb der eigenen Familie verschenken. Unter niedergelassenen Ärzten registriert dabei die Mehrheit (53 %), dass der Wert ihrer Praxis im Verlauf der Selbständigkeit gesunken ist.
Das sind Ergebnisse einer bundesweit repräsentativen Befragung von insgesamt 1.008 Selbständigen und Freiberuflern in Deutschland inklusive niedergelassener Ärzte mit eigener Praxis, die repräsentativ nach Alter und Geschlecht ausgewählt wurden. „Die Begeisterung der Selbständigen für ihren Beruf beruht auf einem Lebensgefühl und einer unternehmerischen Grundeinstellung“, analysiert Karl Matthäus Schmidt, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank in Berlin, die die Untersuchung mit der Forschungsgruppe YouGov Deutschland im März und April 2019 durchgeführt hat. „Zugleich überraschen die hohen Erwartungen der Unternehmer an Verkaufspreise für ihre Firmen, wenn man sieht, wie wenig planvoll sie demgegenüber den Verkauf betreiben.“
Unternehmensverkäufe wenig geplant, Familienlösungen sind beliebt
Im Mittel gehen Selbständige davon aus, dass der Verkauf ihrer Firma fast 50 % zu dem beisteuern kann, was sie insgesamt zur privaten Altersvorsorge zur Verfügung haben werden. Im Widerspruch zu dieser hohen Bedeutung steht aber ihre Planung des Verkaufsprozesses: Mehr als die Hälfte der Selbständigen kann oder will keine Schätzung abgeben, in welchem Alter ein Firmenverkauf erfolgen soll (52 %). Fast jeder Dritte hat auch keine Idee, an wen überhaupt verkauft werden könnte, und fast genauso viele wären bereit, ihr Unternehmen innerhalb der Familie zu verschenken (28 %). Wenn es innerhalb der Familie zu einem Verkauf käme, würden Selbständige im Mittel um etwa die Hälfte günstiger als zum Marktwert verkaufen (45 %).
Ärzte stellen schwindende Preise für ihre Praxen fest
Niedergelassene Ärzte zeigen innerhalb der befragten Selbständigen und Freiberufler mit eigener Firma Besonderheiten. Während 37 % der Mediziner den Verkauf ihrer Praxis an jemanden außerhalb der Familie am ehesten für denkbar halten, sind es unter allen Selbständigen nur 23 %. Auch würde ein Verkauf fast der Hälfte der Ärzte „sehr oder eher leicht fallen“. Unter allen Selbständigen sagt das nur rund ein Drittel. Zudem kalkulieren drei von zehn Ärzten (30 %) schon von Beginn der Selbständigkeit an mit einem möglichen Verkaufserlös zur eigenen Altersvorsorge. Selbständige in anderen Bereichen tun das weit seltener (20 %). Schließlich beobachten Besitzer einer Arztpraxis den Markt für Verkäufe auch deutlich intensiver. Und sie zeigen sich dabei viel häufiger ernüchtert: Gut die Hälfte (53 %) haben ihre Vorstellungen zum erzielbaren Preis für ihre Arztpraxis im Laufe der Zeit senken müssen. Das sind fast viermal so viele wie unter allen Selbständigen (15 %), wo die Mehrheit stabile oder sogar steigende Preise bei einem Firmenverkauf annimmt.
Mit einer Million Euro wollen Unternehmer 23 Jahre auskommen
Wie lange würde der Erlös von einer Million Euro beim Firmenverkauf den eigenen Lebensstandard und den der Familie sichern? Auf diese hypothetische Frage nennen Unternehmer im Schnitt 23 Jahre. Diese Schätzung fällt sehr ähnlich aus unter Männern wie Frauen, in Ost- und in Westdeutschland sowie bei Älteren und Jüngeren. Lediglich Mediziner geben mit 13 Jahren einen deutlich niedrigeren Wert an. Allerdings zeigen sich die Ärzte auch weitaus interessierter an Beratung im Finanzbereich. Nahezu jeder zweite Arzt würde den Rat einer Bank einholen, wenn es um die Anlage des Erlöses aus dem Praxisverkauf geht. Das sind fast doppelt so viele wie unter allen Selbständigen. Hier vertraut man viel stärker eigenen Fähigkeiten: 28 % würden sich bei der Geldanlage nach einem Firmenverkauf von überhaupt niemandem beraten lassen – dreimal so viele wie unter Ärzten (10 %).
„Viele Selbständige haben gerade in der letzten Finanzkrise schlechte Erfahrung mit Bankberatung gemacht“, gibt Karl Matthäus Schmidt zu bedenken. „Als Deutschlands erste Honorarberaterbank, die jegliche Provisionen von Finanzhäusern für verkaufte Produkte ablehnt, teilen wir dieses Misstrauen gegenüber der Qualität herkömmlicher, provisionsfinanzierter Anlageberatung. Und wir werden deshalb auch die aktuellen Vorschläge zur Durchführung einer pflichtgemäßen Altersvorsorge für Selbständige sehr wachsam verfolgen.“
Gender Pay Gap auch für selbständige Frauen
Ähnlich wie unter Angestellten in Deutschland lassen sich laut Quirin-Studie schließlich auch bei Selbständigen große Einkommensunterschiede („Gender Pay Gap“) zwischen Frauen und Männern feststellen. Einen Jahresumsatz von weniger als 50.000 Euro erreichen 42 % der weiblichen Selbständigen – bei den männlichen sind es nur 29 %. Umgekehrt sagen lediglich 28 % der Unternehmerinnen, keine Sorgen bezüglich ihrer finanziellen Absicherung im Alter zu haben. Bei Unternehmern sind es mit 37 % weitaus mehr.
Interessant allerdings: Selbständige Frauen besitzen wie selbständige Männer im Schnitt fast gleichermaßen oft selbstgenutztes Wohneigentum (43 % bzw. 45 %) oder vermietete Immobilien (18 % zu 21 %). Im Gegensatz zu dieser eher konservativen Anlageform sind die Unterschiede beim Besitz von Investmentfonds (22 % zu 34 %) und einzelnen Aktien (13 % zu 25 %) aber sehr erheblich.
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