Versicherungsvermittler erwarten ein konsequentes Einstehen für die freie Marktwirtschaft durch das Wirtschaftsministerium
Der vorliegende Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen für ein Gesetz zur Deckelung der Abschlussprovision von Lebensversicherungen befindet sich aktuell in der Ressortabstimmung mit dem BMWi und dem BMJV. Er ist ein abschreckendes Beispiel für leichtfertiges und unangemessenes gesetzgeberisches Verhalten. Der Gesetzesentwurf nimmt einen massiven Eingriff in die freie Preisbildung und damit einen Grundpfeiler unserer sozialen Marktwirtschaft vor. Zur Begründung liefert er lediglich lapidare und oberflächliche Ausführungen.
Der VOTUM-Verband hat sich mit einer ersten detaillierten Stellungnahme an den zuständigen parlamentarischen Staatssekretär im BMWi, Christian Hirte, gewandt und ein klares Bekenntnis für die freie Marktwirtschaft eingefordert: „Wir begrüßen es, dass sich die Fachpolitiker der Arbeitsgruppe Finanzen in der CDU/CSU-Fraktion geschlossen gegen den vorliegenden Gesetzesentwurf ausgesprochen haben. Diese klare Position muss jetzt auch in dem für die Versicherungsvermittler zuständigen BMWi berücksichtigt werden!“ fordert Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des VOTUM-Verbands. „Ein Ministerium, welches den Geist der freien und sozialen Marktwirtschaft von Ludwig Erhard lebt, kann einem solchen Gesetzesentwurf nicht seine Zustimmung erteilen“, so Klein weiter.
Zur Begründung des massiven Eingriffs in die freie Preisbildung wird im Entwurf auf die gegenwärtige Niedrigzinsphase, den demographischen Wandel und die Bedeutung des Altersvorsorgesparens verwiesen. Keiner dieser Parameter ist jedoch durch die Versicherungsvermittler verursacht oder beeinflussbar. Sie sind es vielmehr, die gegenüber den Verbrauchern immer wieder die notwendige Initiative ergreifen und diese, zugunsten des Aufbaus einer ausreichenden Altersvorsorge, zum dafür erforderlichen Konsumverzicht bewegen.
Die Beratungsleistung der Versicherungsvermittler ist tatsächlich der maßgebliche Aufwand, der im Vorfeld und bei Abschluss einer langfristigen privaten Lebens- bzw. Rentenversicherung, die ein lebenslanges Auskommen sichern soll, entsteht. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn die Vermittlervergütung 2/3 der Abschlusskosten beträgt. Warum dies Grund für eine Deckelung sein soll, bleibt unverständlich. Es gibt eine Vielzahl von Wirtschaftsbereichen, in denen die Vergütung der tätig werdenden Mitarbeiter den wesentlichen Kostenteil ausmacht, sei es im Handwerk oder bei Dienstleistungen. Eine Deckelung dieser Vergütungen ist dem deutschen Wirtschaftssystem jedoch zu Recht fremd. Obwohl im Rahmen der LVRG-Evaluierung eindeutig sinkenden Abschlussprovisionen festgestellt wurden, wird außerdem behauptet, die Deckelung sei notwendig, um vermeintlich drohenden „exzessiv hohen Abschlussprovisionen und Vergütungen“ entgegenzuwirken. „Hier zeigt sich, wie leichtfertig im Gesetzesentwurf Behauptungen und Mutmaßungen zur Begründung angeführt werden“, stellt Martin Klein kritisch fest.
Weder der BaFin noch dem BMF liegen offenbar konkrete Zahlen zur Vergütung der Versicherungsvermittler vor, die auf überhöhte, den Verbraucher schädigende, Einnahmen schließen ließen. An keiner Stelle bemüht sich der Gesetzesentwurf, die aus den Provisionseinnahmen resultierende Einkommenssituation der Vermittler und deren Stundensatz zu ermitteln. Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, wie man ohne solche Basisarbeit zu dem Ergebnis gelangen kann, dass eine Vergütung überhöht sei oder die Gefahr „exzessiver Vergütungen“ droht. Nur wenn man sich auch bemüht, den der Vergütung gegenüberstehenden Aufwand zu evaluieren, kann man überhaupt beurteilen, ob Leistung und Gegenleistung in einem unzumutbaren Missverhältnis zueinanderstehen. „Wie kommt man zu einer solchen Einschätzung, ohne einen solchen Abgleich?“ fragt sich der mit dem Gesetzgebungsverfahren vertraute Jurist Klein. Er stellt fest: „Es gibt bei der Vermittlung von Lebensversicherungen keine existierenden Fehlentwicklungen, denen entgegengewirkt werden müsste. Der massive Grundrechtseingriff wird hier also im Rahmen einer unbegründeten und übermäßigen Prophylaxe vorgenommen.“
Es ist in diesem Zusammenhang auch unangebracht, die Vermittlung von Altersvorsorgeprodukten wie Lebens- und Rentenversicherungen zusammen mit der Restschuldversicherung zu regulieren. Wenn das in diesen Bereich gezeigte Marktverhalten der Banken kritisch ist, sollte die BaFin endlich handeln, anstatt nach dem Gesetzgeber zu rufen. Weder Versicherungsvertreter noch -makler bieten diese Produkte an.
Obwohl dem Finanzministerium die durch den VOTUM-Verband mitinitiierten Rechtsgutachten der Professoren Papier und Schwintowski bekannt gemacht worden sind, setzt sich der Gesetzesentwurf nur oberflächlich mit den berechtigten und weiterhin bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen einen solchen Eingriff auseinander. So heißt es im Entwurf: „Auch wenn die Deckelung von Abschlussprovisionen unterschiedliche Berufsgruppen betrifft, ist entscheidend, dass die jeweils betroffenen Berufsgruppen wesentlich gleiche Leistungen im Rahmen des Abschlusses von Lebensversicherungen erbringen und daher insoweit auch gleich behandelt werden. Im Übrigen weist die Deckelung von Abschlussprovisionen keinen starken personalen Bezug auf, sondern ist eher der allgemeinen Wirtschaftslenkung zuzuordnen. In diesem Bereich verfügt der Gesetzgeber grundsätzlich über eine besonders weite Gestaltungsbefugnis.“
Klein stellt fest, dass eine offensichtliche Tatsache bei dieser Argumentation gänzlich übersehen wird. Er führt aus: „Wenn der gleiche Deckel für Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler gilt und damit beiden, bei guter Qualität ihrer Tätigkeit, eine Provision von bis zu 4,0 % gewährt werden kann, das Versicherungsunternehmen dem Vertreter aber unabhängig von seiner Vermittlungsleistung kostenfrei ein Büro inkl. notwendiger Betriebsmittel wie Mitarbeiter, EDV, Kommunikation etc. bis hin zum Dienstwagen zur Verfügung stellen kann, dann trifft ein solcher Deckel den Makler ungleich stärker, da er aus seinen Provisionserlösen diesen Aufwand selbst finanzieren muss.“ Hat man im BMF vor dieser Tatsache die Augen verschlossen?
Gänzlich unakzeptabel ist auch, dass den Versicherern, über die Vergütungsregelung, eine Aufsichts- und Kontrollposition über die Versicherungsmakler und deren Beratungsleistung zugeschoben wird. Diese sollen nach dem Gesetzesentwurf zukünftig Provisionszahlungen davon abhängig machen, dass der Vermittler seine gesetzlichen Beratungspflichten erfüllt. Für eine solche ordnungspolitische Maßnahme, die in das für den Versicherer nicht zugängliche Vertragsverhältnis Kunde/Makler eingreift, gibt es keine Regulierungsermächtigung. Diese kann auch nicht im VAG geschaffen werden.
Ein solcher untauglicher Entwurf darf im gesetzgeberischen Verfahren keine Chance auf Umsetzung haben. Die Fachpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben hierzu bereits eindeutig Position bezogen. Kein Parlamentarier, der die freie und soziale Marktwirtschaft als einen der Grundpfeiler unserer Demokratie erachtet, kann einem solchem Gesetzentwurf seine Zustimmung erteilen.
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