Seit dem 3. Januar 2018 ist die europäische Finanzmarktrichtlinie MiFID II in Kraft.

 

Ziel der Überarbeitung der im Jahr 2007 verabschiedeten Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, MiFID I, ist es unter anderem, die Transparenz für Anleger zu erhöhen und den Anlegerschutz zu stärken. Doch ist das wirklich der Fall? Das Financial Planning Standards Board Deutschland (FPSB Deutschland) hat auf Anfrage des Bundesfinanzministeriums die dem FPSB angeschlossenen Finanzplaner nach ihren Erfahrungen befragt. „Soweit es die eingeführte Darstellung von Kosten beim Wertpapierkauf betrifft, ist ein Ergebnis der Umfrage unter unseren Zertifikatsträgern, dass diese bezweifeln, dass MiFID II tatsächlich zu mehr Transparenz führt“, sagt der FPSB-Vorstandsvorsitzende Prof. Rolf Tilmes. Mehr noch: Die befragten CFP®-Professionals warnen sogar, dass die Vorgaben zur Kostendarstellung Fehlentscheidungen der Anleger begünstigen.

„Grundsätzlich“, sagt FPSB-Vorstand Prof. Tilmes, „begrüßen der FPSB Deutschland und seine Zertifikatsträger jede Maßnahme, mit deren Hilfe Kunden bessere Entscheidungen treffen können.“ Aus diesem Grund beinhalten die Standesregeln des Finanzplaner-Verbandes bereits seit Jahrzehnten die Verpflichtung, Anleger über alle anfallenden Kosten offen und transparent zu informieren. „Eine wesentliche Verbesserung der Transparenz durch MiFID II können unsere FPSB-Mitglieder nach einem Jahr Erfahrung mit der neuen Finanzmarktrichtlinie aber nicht feststellen.“

Kostendarstellung nach MiFID II verwirrt Kunden

Ein erster Kritikpunkt betrifft die vorgeschriebene Ex-Ante-Kostendarstellung, bei der die Kosten einer Geldanlage über mehrere Jahre kumuliert als Gesamtsumme sowie als Prozentzahl ausgewiesen werden müssen. Das ist nach Erfahrung der CFP®-Professionals für die meisten Kunden kaum verständlich. „Vielen ist nicht klar, was zum Beispiel 15 Prozent Gesamtkosten in fünf Jahren bedeutet“, zitiert Tilmes die Erfahrung der Finanzberater. Zudem falle es den Kunden schwer, eine solche Zahl zu interpretieren und sie mit anderen Anlagemöglichkeiten zu vergleichen.

Besonders schwierig sei dadurch der Vergleich mit Produkten, die keine Gebühren ausweisen, sondern wie Sparbriefe und Tagesgeld die Kosten über den gebotenen Zins implizit berücksichtigen oder mit Anlagen wie Indexpolicen, die die Einnahmen des Anbieters in einem Algorithmus zur Renditeberechnung berücksichtigen. „Die Erfahrung ist, dass dies bei den Kunden zu Fehlentscheidungen führen kann“, warnt Tilmes. „Hier geht MiFID II am Ziel, den Anlegern auf Basis einer fairen Entscheidungsgrundlage zu der für sie passenden Anlageentscheidung zu verhelfen, vorbei.“

Zudem ergebe sich eine Divergenz zwischen den in den „Wesentlichen Anlegerinformationen“ ausgewiesenen laufenden Kosten und den Kosteninformationen im Kaufauftrag. Der Grund: Die Annahmen bezüglich der durchschnittlichen Transaktionskosten oder beispielsweise der erfolgsabhängigen Gebühren ist unterschiedlich. „Statt für Klarheit zu sorgen, verwirrt dies die Kunden“, erläutert Prof. Tilmes, der neben seiner Vorstandstätigkeit auch wissenschaftlicher Leiter des PFI Private Finance Institute / EBS Finanzakademie der EBS Business School, Oestrich-Winkel, ist.

Ein weiterer Kritikpunkt der CFP®-Professionals betrifft die Aufnahme der Performance Fee mit dem Wert des jeweils letzten Jahres. Ein erfolgreicher Fonds werde dadurch im Folgejahr als teuer dargestellt, wohingegen ein Produkt mit schlechter Leistung kostengünstig erscheint. „Bei der Kostenkumulation über mehrere Jahre wird damit unterstellt, dass der Fonds einerseits eine sehr hohe Wertentwicklung hat, da die Performance Fee eingerechnet wird, andererseits die Anlagesumme als Basis der unveränderten Kostenquote gleichbleibt“, so der FPSB-Vorstand. „Im Ergebnis ergibt das eine überhöhte und unrealistische Kostenquote, die ebenfalls Fehlentscheidungen begünstigt.“

Zunehmende Papierflut

Ein weiteres Problem ist, dass die fix vorgegebene recht kurze Haltedauer von Wertpapieren zu höheren ausgewiesenen Gesamtkosten pro Jahr führt. „Hier wünschen sich die Kunden ausdrücklich, dass auch die Annahme einer längeren Haltedauer möglich sein müsste“, informiert Tilmes. Ferner erweist sich die Zustellung der Kosteninformation bei telefonischen Orders in der Praxis als sehr aufwändig. Das gelte insbesondere für ältere Kunden, die keinen Mailzugang und kein elektronisches Postfach haben. Zu Lasten der Kunden geht schließlich auch die Bedingung, dass dem Kunden vor Ordererteilung diese Kosteninformationen zugehen müssen, was die Auftragserteilung verzögert. Insgesamt bringe die sehr umfangreiche Kosteninformation eine enorme Papierflut mit sich, die manche Kunden nicht bewältigen können, so eine weitere Erfahrung der Finanzberater.

Soweit es die Kosten betrifft, wäre es hilfreicher, den Kunden einmal jährlich oder bei Anpassung der Gebühren eine generelle Information über die Höhe der anfallenden Kosten mit einem konkreten Beispiel zukommen zu lassen. Zudem wäre es besser, die Performance Fee in ihrer Höhe – ähnlich wie die Wertentwicklung – als Wert der vergangenen Kalenderjahre in den „Wesentlichen Anlegerinformationen“ auszuweisen. „Insgesamt“, so das Fazit des FPSB-Vorstands, „wäre es wünschenswert, die ganzheitliche Finanzberatung, die auf eine gut durchdachte und auf die lange Frist angelegte Geldanlage ausgerichtet ist, regulatorisch zu fördern und zu unterstützen. Leider aber wird dies bis heute zugunsten der Vermittlung von Finanzprodukten ignoriert.“

 

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