Interview mit Ingolf Putzbach, Geschäftsführer sum.cumo GmbH

 

Herr Putzbach, wie wichtig sind Insurtechs für Versicherungsunternehmen?

Ingolf Putzbach: Insurtechs sind die Innovationstreiber der Versicherungen, da sie den Versicherungsgedanken neu interpretieren. Sie entwickeln Lösungen, die sich am Endkunden und am Kundennutzen orientieren. Dabei setzen Sie auf zeitgemäße User Experience und setzen innovative Technologien ein. Insofern führen Insurtechs den Versicherern Marktveränderungen vor Augen, an denen sie sich orientieren müssen, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen.

Warum können oder wollen Versicherer diese technischen Entwicklungen nicht in den eigenen Häusern umsetzen?

Ingolf Putzbach: Die Umsetzung im eigenen Haus muss bei vielen Innovationsthemen erfolgen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Intern fehlt es bei den meisten Versicherern aber an den dafür erforderlichen Kompetenzen und Ressourcen. Zudem stellen bestehende Prozesse und Systeme eine wirksame Innovationshürde dar. Eine Kooperation mit Insurtechs ist eine gute Möglichkeit, um Technologien zu verstehen und zu erproben. Sie bleiben wirkungslos, wenn es nicht eine klare Strategie zur Integration in das bestehende Geschäftsmodell gibt.

Häufig ändern Insurtechs ihre Geschäftsausrichtung nach wenigen Jahren. Zum Beispiel weg von einem Vertriebsansatz hin zu einem Prozessentwickler. Welche Ideen sind denn aktuell für Versicherer am interessantesten?

Ingolf Putzbach: InsurTechs starten mit einer Idee, die mit Lean Startup Methoden umgesetzt wird, um schnell Erfahrungen zu sammeln, auf deren Basis das Geschäftsmodell weiterentwickelt und mitunter auch verworfen wird. Diese Vorgehensweise wäre auch Versicherern zu empfehlen, um den Innovationsprozess anzutreiben. Folgerichtig erkennen viele InsurTechs aktuell gerade in diesem Bereich für sich das größte Potenzial. Jede Prozessinnovation, die im Underwriting, im Kundenservice oder in der Schadenbearbeitung zu mehr Digitalisierung und besserer Kundenorientierung führt, stärkt die Wettbewerbsposition und sollte verfolgt werden. Der Fokus sollte zunächst auf der Implementierung von Basistechnologien, die in anderen Branchen längst Standard sind, liegen. Die letzten 30% lassen sich dann über Machine Learning bzw. KI-Ansätze erschließen.

Was macht ein erfolgreiches Insurtech aus?

Ingolf Putzbach: Erfolgreiche Insurtechs haben ein Gründerteam, das sich gut ergänzt und zu 100% die Geschäftsidee verfolgt. Um erfolgreich zu sein, müssen alle Prozesse vom User her entwickelt werden. Kennzeichnend für erfolgreiche Insurtechs ist die technologische Kompetenz in Front- und Backend, um performante, zuverlässige und skalierbare IT-Plattformen entwickeln zu können. Hinzu kommt idealerweise versicherungsfachliches Know-how, da die Branche eben doch komplexer ist als andere.

Gibt es bereits rein digitale Versicherer mit ersten „schwarzen“ Zahlen? Funktioniert ein rein digitales Geschäftsmodell für Versicherer?

Ingolf Putzbach: Das gibt es durchaus! sum.cumo hat die Schweizer Dextra bei dem Aufbau ihrer erfolgreichen Rechtsschutz- und Autoversicherungsgesellschaften von Anfang an, also seit 2013 begleitet. Wir haben sowohl das Geschäftsmodell als auch die Versicherungsplattform mitentwickelt und auch das Marketing vorangetrieben. Die Dextra Rechtsschutz AG ist gemessen am Neugeschäft seit 2016 Marktführer in der Schweiz und schreibt zudem schwarze Zahlen. Auch unser Kunde nexible, der Digitalversicherer der ERGO, entwickelt sich positiv.

Ein „rein digitales“ Geschäftsmodell zeichnet sich durch eine weitgehende Automatisierung vom Antrags- bis zum Schadenprozess aus. Dabei wird gern übersehen, dass diese Geschäftsmodelle nur erfolgreich sein werden, wenn sie Kundenbedürfnisse besser befriedigen als „konventionelle“ Geschäftsmodelle. Dies wiederum gelingt nur, wenn auch z.B. Vertriebspartner und Schadendienstleister nahtlos in die digitale Wertschöpfungskette eingebunden werden.

Wie sieht es mit dem Vertrieb aus? Können Insurtechs rein digitale Lösungen schaffen, die rentabel für Versicherer sind?

Ingolf Putzbach: Heute und in Zukunft gibt der Kunde den Takt vor. Wie sich auch in vielen anderen Branchen zeigt, ist der Kunde offen für digitale Angebote und erwartet diese sogar zunehmend. Versicherer sind hierauf aufgrund ihrer fragmentierten IT und ihrem nicht vorhandenem Digitalmarketing schlecht vorbereitet. InsurTechs können geeignete Partner für Versicherer sein, wenn diese die Notwendigkeit erkannt haben, sich auch digital als Marke zu positionieren. sum.cumo hat zum Beispiel für die Bayerische die Plattform für den Onlinevertrieb und das Performance Marketing erfolgreich aufgebaut. In einigen Produktbereichen ist der Onlinevertrieb der Bayerischen zwei Jahre nach Start bereits der erfolgreichste Kanal.

 

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