Politische Maßnahmen verunsichern institutionelle Wohninvestoren
Auf Basis einer weiterhin sehr großen Nachfrage von Nutzern und Investoren und trotz regulatorischer und bürokratischer Neuerungen, bei denen sich Anleger im letzten Jahr verschärften Bedingungen ausgesetzt sahen, konnte 2018 mit insgesamt 18,7 Mrd. Euro und 131.200 Wohnungen (2017: 15,7 Mrd. Euro; 130.700 Wohnungen) auf dem deutschen gewerblichen Wohninvestmentmarkt* ein deutlich überdurchschnittliches Ergebnis erzielt werden. Nur die Jahre 2005 (19,8 Mrd. Euro) und 2015 (25,2 Mrd. Euro) zeigten ein noch höheres Transaktionsvolumen.
Da die Anzahl der gehandelten Objekte und Portfolios leicht zurückgegangen ist bei gleichzeitig nur leicht gestiegener Anzahl der gehandelten Einheiten, lässt sich der Anstieg zum Vorjahr fast ausschließlich auf ein Preiswachstum zurückführen. Aktuell müssen für Wohninvestments etwa 142.000 Euro pro Einheit bzw. 2.200 Euro pro Quadratmeter und damit fast 20 % mehr als im Vorjahr bezahlt werden. Vor fünf Jahren waren es 70 % weniger.
Dr. Konstantin Kortmann, Head of Residential Investment JLL Germany, zur voraussichtlichen Entwicklung in 2019: “Auch wenn der Wohnungsneubau durch Entwickler, kommunale Wohnungsgesellschaften und auch durch die großen Wohnungskonzerne zunehmen wird, ist davon auszugehen, dass das Transaktionsvolumen insgesamt abnimmt. Anhaltende Preissteigerungen und die Tendenz, mehr in Spezialsegmente wie Mikro- und Studentenwohnen zu investieren, werden daran nichts grundsätzlich ändern. Dennoch dürfte ein Transaktionsvolumen auf dem Fünfjahresniveau von ca. 17 Mrd. Euro erreichbar sein.”
Neben der größten Transaktion des Jahres, der Übernahme der österreichischen Buwog durch den deutschen Wohnungskonzern Vonovia mit etwa 27.000 deutschen Wohnungen und einem Kaufpreis von ca. 2,9 Mrd. Euro inklusive Verbindlichkeiten, konnten nur noch drei Portfolios mit mehr als 4.000 Wohneinheiten bilanziert werden. Mehr als 90 % der Transaktionen beinhalteten weniger als 800 Wohnungen mit einem Volumen von insgesamt knapp 10 Mrd. Euro.
Allein durch die Übernahme der Buwog bauten die börsennotierten Wohnungskonzerne erneut am stärksten Vermögen auf und investierten netto etwa 3,6 Mrd. Euro. “Dieser Spitzenplatz kann in Zukunft nur gehalten werden, wenn entsprechende Großportfolios oder Unternehmen am Markt sind”, so Konstantin Kortmann. Davon sei allerdings aktuell aufgrund der fortgeschrittenen Marktkonsolidierung in Deutschland nicht auszugehen. “Entweder ist Internationalisierung der Weg, um den Wachstumspfad weiter verfolgen zu können – von einigen börsennotierten deutschen Wohnungskonzerne bereits eingeschlagen – und/oder die Entwicklung im Bestand”, ergänzt Kortmann.
Insofern besteht zusätzlich die Notwendigkeit, sich mehr und mehr auf kleinere und werthaltigere Einzeltransaktionen zu konzentrieren. In diesem Segment sind Pensionskassen und Spezialfonds unterwegs. Sie haben im letzten Jahr vornehmlich mittlere und kleinere Transaktionen getätigt und können damit zusammen mit den öffentlichen Wohnungsgesellschaften beim Vermögensaufbau die Plätze 2-4 (insgesamt 4,9 Mrd. Euro) für sich verbuchen. Beachtlich ist auch das Transaktionsvolumen durch die Wohnungsbauentwickler. Als aktivste Verkäufergruppe haben sie rund 20.000 Wohnungen verkauft in einer Größenordnung von insgesamt fast 5 Mrd. Euro, entsprechend einem Plus von 40 % gegenüber dem Vorjahr. Allerdings ist ein Großteil dieses Anstiegs auf den beobachteten Preissteigerungseffekt je Einheit zurückzuführen.
Der gewerbliche Wohninvestmentmarkt bleibt von nationalen Investoren geprägt. Weniger als ein Viertel des Kapitals kommt aus dem Ausland, darunter etwa die Transaktion des dänischen Pensionsfonds PFA sowie Investments von Briten und US-Amerikanern, die zusammen auf etwa 2,2 Mrd. Euro kommen. Ausländische Aktivitäten lagen damit 2018 unter dem Volumen des Vorjahres und in etwa auf dem Niveau der letzten fünf Jahre.
Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinspolitik der EZB ist der Anleihedruck bei deutschen Investoren insbesondere bei Versicherungen und Pensionskassen wesentlich höher. “Für diese konservativ und langfristig orientierten Investoren sind auch Spitzenrenditen von aktuell 2,7 % in den Big 7 besser als risikoarme Staatsanleihen”, so Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Durch das erwartete Mietpreiswachstum in Beständen, die aktuell unter Marktmiete vermietet sind, könnten auch Investitionen mit Anfangsrenditen von deutlich unter 3 % eine gute Anlage sein.
“Die zunehmenden Regulierungen und Eingriffe des Staates bzw. der Kommunen kollidieren mit einem immer knapper werdenden Angebot auf dem Markt für gewerblichen Wohninvestments”, so Konstantin Kortmann. Nachdem bereits in den Vorjahren durch die Einführung der Mietpreisbremse das Mietenwachstum beschränkt werden sollte, wurden im November 2018 weitere Verschärfungen von der großen Koalition beschlossen, die nun im Gesetzgebungsverfahren 2019 umgesetzt werden sollen. Hierbei werden insbesondere die Möglichkeiten der Mieterhöhung durch Umlage von Modernisierungen stärker limitiert.
“Zusätzlich zu dieser Verschärfung haben einige Städte 2018 das Instrument des kommunalen Vorkaufsrechts für Bestandsobjekte deutlich offensiver als in den Vorjahren wahrgenommen”, so Kortmann. Dies sei insbesondere in München und in Berlin der Fall. In der bayerischen Landeshauptstadt wurden 300 Wohnungen aus dem Century Portfolio durch die GWG München übernommen. Damit kann der ursprüngliche Käufer, der dänische Pensionsfonds PFA mit seinem Asset Manager Domicil, nun nur einen Teil des Portfolios sein Eigen nennen. Kortmann ergänzt: “Auch in Berlin wurden die kommunalen Vorkaufsrechte häufiger wahrgenommen. Durch eine juristische Konstruktion soll der Erwerb von etwa 700 Wohnungen durch den ursprünglichen Erwerber Deutsche Wohnen SE verhindert werden, indem Vorkaufsrechte der Mieter wahrgenommen, jedoch die Wohnungen dann an die städtische Wohnungsgesellschaft Gewobag durchgereicht werden. Berlin ist zwar bei der Ausübung von Vorkaufsrechten in besonders geschützten Gebieten mit einer Erhaltungssatzung Vorreiter in Deutschland, aber andere Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten wie z.B. Hamburg ziehen bei der Nutzung dieses Mittels zur Rekommunalisierung von Beständen nach.”
Und Kortmann spitzt zu: “Angesichts des starken Preiswachstums insbesondere in den Großstädten reagieren die politischen Mandatsträger auf allen Ebenen. Neben der Bundesregierung mit Wohnungsgipfel im September und verschärfter Mietpreisbremse werden auch zunehmend die Kommunen als Marktteilnehmer auf dem Transaktionsmarkt aktiv. Das schafft zwar noch keine neuen Wohnungen, sichert aber Wählerstimmen. Die angestrebten Maßnahmen zur Erhöhung des Wohngeldes dagegen sollten aber tatsächlich positive Effekte auf der Nachfrageseite bewirken können: für Haushalte mit geringerem Einkommen wird die Mietbelastung verringert. Zusätzliche Steuerabschreibungsmöglichkeiten können darüber hinaus helfen, das Neubauangebot von Wohnungen zu erhöhen.”
*Verkauf Wohnungsportfolios, Studentenheimen mit mindestens 10 WE und 75 % Wohnnutzung sowie der Verkauf von Unternehmensanteilen mit Übernahme einer Kontrollmehrheit ohne Börsengänge
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