Marktkommentar von Lars Reiner, Gründer und Geschäftsführer des digitalen Vermögensverwalters Ginmon
Kommt der Crash? Kommt er nicht? Ist er da? Hat sich die Börse nicht ohnehin längst von den Unternehmensgewinnen entkoppelt? Müssen jetzt alle für die Folgen der billigen Geldpolitik büßen? Oder kommt noch die alles erlösende Rally, damit sich die Anleger wieder in den Armen liegen können? Eine seriöse und ehrliche Antwort auf die börsianischen Fragen dieser Tage lautet: Kann sein.
Das klingt zunächst unbefriedigend, ist es aber gar nicht. Unbefriedigender sind im aktuellen Börsenumfeld eher zwei Arten von Anlegertypen, die meinen, im Besitz der alles überstrahlenden Wahrheit zu sein. Das zehrt dann schnell an den Nerven wie ein auf Geschlechter-Stereotypen aufgebautes Stand-Up-Comedy-Programm.
Zum einen sind es diejenigen, die behaupten, es doch immer gewusst zu haben. Schließlich sei es nur eine Frage der Zeit, bis es an der Börse wieder bergab geht. Und überhaupt: Börse und Aktien wären doch eh Teufelszeug. Zum anderen sind es die Art von Anlegern, die Informationsschnipsel um Informationsschnipsel entlang ihrer Untergangsthese zu einem kruden Endzeit-Szenario zusammenfügen, das selbst Hieronymus Bosch vor Neid erblassen würde.
Locker bleiben
Vielleicht sollten alle einfach mal wieder runterkommen. Zunächst ist es doch so, dass sich die Börse in Auf- und Abschwungphasen bewegt. Über die Jahre floss das viele billige Geld der Zentralbanken in die Märkte. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem es möglicherweise einen Umschwung gibt. Diese Entwicklung ist nicht ungewöhnlich, sondern normal und gesund. Das Blöde an der Börse ist eben nur, dass man den Zeitpunkt für den Umschwung nicht mit einhundertprozentiger Wahrscheinlichkeit voraussagen kann. Wäre das so einfach, wären wir alle binnen kürzester Zeit sehr reich.
Das führt direkt zu den beschriebenen Untergangsvoraussagern. Wenn wir akzeptiert haben, dass sich die Börse in Auf- und Abschwungphasen bewegt, ist es offensichtlich keine große Kunst, vorauszusagen, dass sie auch mal wieder fällt. Der Bullenmarkt dauert nun etwa neun Jahre an. Wer jahrelang täglich behauptet, der Bärenmarkt würde bald kommen, wird schon irgendwann richtig liegen. Sich mit dieser Prognose allerdings als allwissender Börsenguru zu inszenieren, ist in etwa so, als hätte ein Wettermoderator im diesjährigen Rekordsommer prophezeit, dass es bald regnen würde, um dann im November zu triumphieren: „Habe ich es euch nicht gesagt?“
Ähnliches gilt für Anleger, die jetzt nach Erklärungsmustern suchen. Brexit, Handelsstreit, Fehlallokationen, inverse Zinskurven – natürlich kann die aktuelle Marktphase mit diesen Dingen zusammenhängen, doch was hilft es? Richtig, gar nichts!
Nach vorne schauen
Die klare Handlungsanweisung lautet: Machen Sie sich frei von diesem Gerede. Denn so sicher, wie es diese beiden nervigen Anlegertypen gibt, gibt es auch zwei andere unumstößliche Gewissheiten. Für die erfolgreiche Geldanlage braucht es einen langfristigen Zeithorizont und ein gut ausbalanciertes Portfolio. Das Deutsche Aktieninstitut hat hierzu ein Rendite-Dreieck (hier) des DAX der vergangenen 50 Jahre herausgebracht. Mit diesem können Anleger herausfinden, wie sich die Anlage in den DAX in unterschiedlichen Zeiträumen entwickelte. Dabei wird klar, dass die Renditen in der absolut überwiegenden Zahl der Fälle positiv sind. Und: Je mehr Zeit Anleger mitbringen, desto höher fiel die Rendite aus. Selbst gegen Ende langer Boomphasen. Beispiel: Wer Ende 1995 in den DAX investierte und die Aktien bis Ende 2010 hielt, erzielte eine durchschnittliche jährliche Rendite von 7,8 Prozent, was ein großartiges Ergebnis ist. Vor allem vor dem Hintergrund, dass in dieser Zeit der Neue Markt kollabierte. Sie sehen, Ruhe und Zeit sind bei Anlageentscheidungen die besten Ratgeber. Selbst in Bärenmärkten.
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