Beitrag von Marc Schumann und André Wreth, Geschäftsführer Solvium Capital GmbH, Hamburg

 

Die P&R ­Insolvenz hat, ob nun dahinter jahrelanges Missmanagement, ein kriminelles Betrugssystem oder gar beides steckt, Berater und Inverstoren verunsichert. Mit die wichtigste Frage lautet: Welche Folgen hat die P&R-­Krise für den weltweiten Containermarkt, sind möglicherweise auch Kunden und Investoren der P&R­ Wettbewerber in Deutschland betroffen? Um das vorwegzunehmen: Der Markt ist sehr stabil, weil er sich, getrieben von der Nachfrage, nach wie vor positiv entwickelt. Wobei Kaufpreis­ und Mietschwankungen seit Anbeginn dazugehören.

Die gute Nachricht zuerst: Der Welthandel brummt und mit ihm die Container­Branche. Das ist kein subjektives Empfinden, sondern mit harten Fakten und Zahlen nachweisbar. Denn: Ein wichtiger Indikator für den Welthandel im Allgemeinen und die Logistik­-Branche im Besonderen ist der „Containerumschlag-­Index“. Dieser wird regelmäßig berechnet vom RWI­ Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung und vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL). Dank des weltweit anerkannten Barometers lässt sich auf den ersten Blick feststellen, ob­ im übertragenen Sinne­ die Sonne scheint oder der Logistik­-Branche ein Unwetter droht.

Aktueller Stand der Dinge: Der Index ist im Mai 2018 erneut gestiegen. Und zwar eindrucksvoll von 131,1 auf 133,1 Punkte. Was besonders erfreulich ist, ungeachtet der wirtschaftspolitischen Großwetterlage, die nicht zuletzt durch Trumps Einfuhrzölle und dessen zunehmenden protektionistischen Kurs für die USA geprägt ist.

Zwangsläufig, was nicht weniger froh und zuversichtlich stimmt, ist die durchschnittliche Auslastung der Containerleasinggesellschaften historisch hoch. Dies dokumentieren die Berichte für das erste Quartal 2018 der drei börsennotierten Leasinggesellschaften Textainer, CAI und Triton. Deren Auslastung betrug im Schnitt in den ersten drei Monaten diesen Jahres 98,6 Prozent, was als technische Vollauslastung bezeichnet werden kann. Ein Rekordwert, der sich praktisch nicht mehr toppen lässt.

Vor einigen Wochen waren wir mit unserer Schwestergesellschaft Noble Container Leasing Aussteller auf der größten Containermesse Intermodal Asia 2018 in Shanghai. Dort haben wir unter anderem mit den führenden Container­ Vermietgesellschaften, Containerherstellern und Containerhändlern gesprochen. Dabei hat sich unser Eindruck bestätigt, dass, ungeachtet der Probleme aus dem Hause P&R, der Markt nach wie vor sehr stabil ist und attraktive Investitionsmöglichkeiten bietet.

Reedereien haben auch künftig teils erhebliche Schwierigkeiten bei der Direktfinanzierung ihrer Wachstumsvorgaben und greifen gerne, Tendenz steigend, auf die Möglichkeit von Leasingcontainern zurück. Deshalb sind und bleiben Vermietcontainer nach wie vor gefragt. Besonders erfreulich ist, dass, insbesondere seit der Insolvenz der südkoreanischen Reederei Hanjin, Logistik­ und Industrieunternehmen verstärkt auf das wirtschaftlich angemessene Verhältnis zwischen Mietraten und Einkaufspreisen achten. Man hat gelernt, dass auch in der Containerschifffahrt nicht Größe mit Bonität und Zahlungssicherheit gleichzusetzen sind. Aus dieser Situation ergeben sich regelmäßig attraktive Investitionschancen, von denen unser Unternehmen mit gezielten Käufen von Neu-­ und Gebrauchtcontainern in den vergangenen Jahren profitiert hat und künftig weiter profitieren kann.

Bekanntlich hatte die Hanjin­-Insolvenz im Jahr 2016 für viel Aufsehen gesorgt. Eine gute Nachricht ist auch hier, dass mittlerweile fast alle Container aus dieser Insolvenz wieder im Besitz der Container Vermietgesellschaften sind. Zum Glück haben die Container­Vermietgesellschaften daraus erheblich gelernt. Denn im Vergleich zu früher werden die Risiken besser gesteuert. Vor allem aber haben die Vermieter auskömmliche Mietraten durchsetzen können.

Nebenbei bemerkt: Wir bei Solvium haben die Notwendigkeit einer breiten Diversifizierung bei den Mietgesellschaften schon vor Jahren erkannt. Mit der positiven Folge, dass lediglich zwei Container aus unserem Portfolio an Hanjin vermietet waren. Somit hatte die Insolvenz der Hanjin­Gruppe keine Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit unseres Unternehmens. Die Insolvenz der Hanjin­ Gruppe hat den Containermarkt und die Marktteilnehmer wesentlich mehr getroffen und bewegt als die Turbulenzen um die P&R­Gruppe.

Eine ebenfalls naheliegende Frage im Zusammenhang mit der P&R­ Insolvenz ist, welche Auswirkungen diese auf die Preise von neuen und von gebrauchten Containern hat. Unserer Einschätzung nach werden im Jahr 2018 und 2019 weltweit neue und gebrauchte Container im Wert von rund 10 Milliarden USD durch Leasing finanziert. Bisher wird im Fall der P&R­Insolvenz von 600.000 Containern gesprochen, wobei noch nicht abschließend feststeht, um welche Arten von Containern es sich handelt (es ist durchaus denkbar, dass neben Standardcontainern auch Spezial-­Equipment angeschafft wurde) und ob es nicht noch weitere Vermögensgegenstände gibt. Selbst wenn diese Container verkauft werden, so wird dies keinen Einfluss auf die weltweiten Gebrauchtcontainer-­Preise haben. Sämtliche P&R ­Container werden nach wie vor von Container ­Vermietgesellschaften verwaltet und daher werden die Container bei einem möglichen Verkauf nicht frei am Markt angeboten werden können. Die Container sind größtenteils vermietet und so müssen andere Käufergruppen angesprochen werden. Hierzu kommen zum einen die Container ­Vermietgesellschaften in Frage, welche die Container bereits verwalten, zum anderen könnten sich internationale Finanzinvestoren für die Container interessieren und ein Angebot abgeben. Aber dadurch wird sich die Menge an Gebrauchtcontainern, die für eine weitere Verwendung außerhalb der Schifffahrt angeboten werden, nicht verändern und somit ist auch nicht mit niedrigeren Preisen zu rechnen.

Die Preise für Neu­ und Gebrauchtcontainer legten in den vergangenen Jahren parallel zu steigenden Stahlpreisen spürbar zu. So kann die jüngste Studie der renommierten Drewry Maritime Research wenig erstaunen, nach der sich die Containerpreise (ex factory, das heißt ab Werk ohne Sonderleistungen oder Services) seit Jahresbeginn relativ stabil zwischen 2.200 und 2.300 US-­Dollar je 20­-Fuß­-Standardcontainer eingependelt haben.
Das war einige Zeit zuvor anders. Denn im vergangenen Jahr hatte die in der Volksrepublik China gesetzlich vorgeschriebene Umstellung von lösungsmittelbasierten Lackierungen auf wasserbasierte Farbsysteme aufgrund der längeren Trocknungszeiten zu erheblichen Verzögerungen bei der Containerproduktion geführt. Bereits vor einigen Monaten wurde diese Umstellung der Prozesse abgeschlossen, so dass die Produktionskapazitäten seitdem wieder auf vorherigem Niveau sind. Dies schützt vor kurz­- und auch mittelfristigen Preisausschlägen nach oben und hilft deshalb allen Marktteilnehmern bei ihren Planungen.

Fazit: Container und auch Wechselkoffer sind und bleiben attraktive Investments für risikobewusste Anleger, die zwecks Diversifizierung ihrer Vermögensstrategie eine sehr gut verzinste Beimischung wünschen. Die P&R ­Insolvenz hat auf den weltweiten Containermarkt, die Beschäftigungen und die Produktion, so der aktuelle Stand, keinen merklichen Einfluss. Wahr ist aber auch: Bestimmte Ereignisse lassen sich nicht vorhersagen. Wie an den Aktienbörsen gibt es auch beim Welthandel und somit in der Containerbranche sogenannte Schweine-­Zyklen. Doch von denen sollten sich weder Berater noch Anleger verunsichern lassen. Und: Vor krimineller Energie ist sowieso niemand gefeit.

 

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