Aberdeen Kommentar
Alexander Wolf, Senior Emerging Markets Economist bei Aberdeen Standard Investments, kommentiert die möglichen Reaktionen Chinas im Handelskonflikt mit den USA:
„Die Regierung von USPräsident Trump hat die Einführung von Zöllen in Höhe von rund 60 Milliarden USDollar angekündigt. Zu diesen Zöllen sind bisher nur wenige Details bekannt, eine deutliche Reaktion Chinas ist jedoch zu erwarten – deutlich aber dennoch von Verhältnismäßigkeit geprägt, um eine Eskalation zu vermeiden. Sollten die Zölle dennoch ein echtes Wachstumsrisiko darstellen, werden in China operierende US Unternehmen in den Fokus der chinesischen Antwort rücken.
Chinas Exporte in die USA sind umfangreich und von großer Bedeutung. Die große Auslandsnachfrage ist der Grund für das anhaltende Wachstum in China im vergangenen Jahr – trotz der Verschärfung der monetären Bedingungen. Daher wird Peking als Antwort auf die Zölle der USA eine Strategie verfolgen, die ein Zerwürfnis in den Handelsbeziehungen zu verhindern sucht. China wird im Hinblick auf USUnternehmen voraussichtlich mit einer Kombination aus Zöllen und zollfremden Handelshemmnissen reagieren und versprechen, neue Sektoren zu öffnen. Auf diese Weise hofft die chinesische Regierung, gleichzeitig TrumpWähler zu bestrafen und jene zu beruhigen, die Reformen anstreben. Sollte es dennoch zu einer Eskalation kommen, verfügt China über eine Reihe möglicher Gegenmaßnahmen:
Zwar wären Vergeltungszölle vorstellbar, im Fall einer Eskalation würde die Antwort Chinas sich aber in erster Linie gegen USamerikanische Unternehmen auf dem chinesischen Markt richten und sich nicht auf klassische Handelshemmnisse fokussieren.
Während USExporte nach China relativ unbedeutend sind, sind die Umsätze von USUnternehmen in China durchaus signifikant. In China finden USUnternehmen noch immer einen der größten ausländischen Wachstumsmärkte. Vor diesem Hintergrund besteht der größte chinesische Hebel nicht in der Beschränkung von USImporten nach China, sondern in der Beschränkung der Handlungsfreiheit von USUnternehmen, die hinsichtlich eines substanziellen und wachsenden Teils ihrer Umsätze vom chinesischen Markt abhängig sind. Mit Blick auf Chinas jüngere Geschichte zeigt das Land eine Tendenz zu einer proaktiven Anwendung vergleichbarer zollfremder Handelshemmnisse: So, wie etwa das inoffizielle Verbot, beziehungsweise die Behinderung südkoreanischer Unternehmen zu Zeiten des Konflikts über das Raketenabwehrsystem THAAD auf südkoreanischem Boden zu beobachten war.
Zollfremde Handelshemmnisse können in vielfacher Weise gestaltet sein: Peking könnte regulatorische Hindernisse für USUnternehmen durch neue Kontrollformen ins Leben rufen, Reisebeschränkungen im Tourismus als Mittel einsetzen (wie bereits gegenüber den Philippinen, Taiwan und Korea), die Ausgabe von Exportlizenzen für zentrale Güter der globalen Wertschöpfungskette stoppen (wie beispielsweise Seltene Erden), USUnternehmen mit Steuererhöhungen belegen oder diese von der staatlichen Auftragsvergabe ausschließen. Letztendlich ist auch die Initiierung inoffizieller Boykotte von USProdukten denkbar. Frei nach dem Motto: „Amerika hat die Gefühle von 1,3 Milliarden Chinesen verletzt, jetzt wollen wir keinen Kaffee von Starbucks mehr trinken.“
Dies könnte USUnternehmen, wie beispielsweise Apple, Microsoft, Starbucks, General Motors und Nike in die Schusslinie bringen. China würde dieses Vorgehen vermutlich als LowCostStrategie betrachten – es könnte den Verkauf ausländischer Produkte einschränken, gleichzeitig heimischen Wettbewerbern neue Freiräume bieten und Druck auf den USAktienmarkt ausüben. Dieses Vorgehen würde auch auf der Hoffnung basieren, dass USUnternehmen daraufhin Druck auf Washington ausüben, den eingeschlagenen Kurs zu ändern, wie dies in der Vergangenheit bereits zu beobachten war. Allerdings wäre diese Strategie inoffiziell, anfangs schwer zu bemerken und würde sich außerhalb des Regelwerks von internationalen Institutionen, wie beispielsweise der Welthandelsorganisation (WTO), bewegen; dieses Vorgehen wäre für Peking somit auch durch besondere Gefahren gekennzeichnet. Vor diesem Hintergrund könnte ein Handelskrieg größere Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne haben, als auf Makrovariablen wie Export und Inflation. Beide Staaten verfügen über die Mittel, dem jeweils anderen erheblichen Schaden zuzufügen, allerdings nicht ohne hohe Kosten für die eigene Wirtschaft zu verursachen.“
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