Weltwirtschaft befindet sich nach wie vor in einem Aufschwung

Nach der Korrektur im Februar gibt es Befürchtungen, dass sich das Marktumfeld nach Jahren des inflationsfreien Wachstums geändert hat. Doch wie groß ist die Inflationsgefahr tatsächlich, nachdem sich die Produktionslücke in einigen Ländern voraussichtlich geschlossen hat? „Einige Marktteilnehmer haben diese Marktbewegungen als ein Ergebnis fundamental veränderter ökonomischer Rahmenbedingungen nach dem Motto ‚steigende Inflation führt zu steigenden Zinsen und schlägt sich letztendlich in schwächeren Aktienmärkten nieder‘ interpretiert“, so Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management. Diese Argumentation findet der Stratege allerdings wenig stichhaltig. „Richtig ist, dass sich die Weltwirtschaft in einem Aufschwung befindet; so wachsen derzeit die Eurozone mit stolzen 2,7 Prozent Plus im Vergleich zum Vorjahr und Japan deutlich über Trend. Selbst die USA, die sich im neunten Jahr der Expansion befinden, können noch mit einem realen BIP­Wachstum über dem langjährigen Durchschnitt aufwarten“, so Galler.

Kapazitätsengpässe sind nicht zu befürchten

Eine Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs der letzten Jahre ist, dass sich die Kapazitätsauslastung der Volkswirtschaften zusehends verbessert und die Lücke, die die Finanzkrise gerissen hat, langsam schließt ­ mit nachhaltiger Wirkung auf das Inflationspotential. „Das Schließen der Produktionslücke als Differenz von tatsächlichem und potentiellem Wachstum einer Volkswirtschaft bedeutet eine bessere Nutzung der vorhandenen Kapazitäten. Sobald jedoch eine Wirtschaft über ihrem Potential wächst, steigt aufgrund von Kapazitätsengpässen die Inflationsgefahr. In dieser Situation befindet sich zurzeit jedoch nur die USA“, erklärt Galler.

In den aktuellen Inflationszahlen spiegele sich dieser Trend jedoch nur bedingt wider. Die US­Inflationsrate liegt mit derzeit 2,1 Prozent zwar leicht über dem Inflationsziel der Notenbank, ist seit fünf Monaten jedoch quasi konstant. Der höhere Ölpreis dürfte die Verbraucherpreise in den nächsten Monaten etwas ansteigen lassen. In der Eurozone hingegen ging es seit Februar 2017 mit der Teuerungsrate kontinuierlich abwärts, aktuell liegt sie bei 1,2 Prozent. Die Ursachen liegen einerseits in der geringeren Auslastung der europäischen Wirtschaft und andererseits an der kräftigen Aufwertung des Euro in den letzten 12 Monaten. „Nach unserer Einschätzung gibt es keinen Bedarf für die US­Notenbank, in diesem Jahr mehr als viermal an der Zinsschraube zu drehen. Das hebt den US­Leitzins zum Jahresende auf voraussichtlich 2,5 Prozent, womit er aber immer noch unter den langfristigen Erwartungen der Federal Reserve von 2,75 Prozent liegt“, sagt Galler. Die EZB dürfte in diesem Jahr aufgrund der verhaltenen Inflation keinerlei Handlungsbedarf sehen, die Nullzinspolitik zu beenden. „Allein dies sollte die Argumente derjenigen, die fundamentale Änderungen heraufbeschwören, entkräften.“

Die Rückkehr der Aktienmärkte zur Normalität

Anleger sollten sich nach Meinung von Tilmann Galler vielmehr vor Augen führen, dass ruhige Börsenjahre wie 2017 äußerst selten sind. Der maximale Rückgang bei europäischen Aktien lag im vergangenen Jahr bei einem Minus von vier Prozent. Der durchschnittliche maximale Rückgang pro Kalenderjahr seit 1980 liegt jedoch bei einem Minus von 12 Prozent. „Der Rücksetzer im Februar ist unserer Einschätzung nach eine Korrektur zu optimistischer Erwartungen und somit die Rückkehr der Aktienmärkte zur Normalität. Der anhaltende wirtschaftliche Aufschwung, der die Unternehmensgewinne weiter sprudeln lässt, bietet verbunden mit einer relativ stabilen Inflation für Aktien auch in diesem Jahr ein Umfeld, das trotz höherer Volatilität ein moderat positives Jahr erwarten lässt“, so sein Ausblick.

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